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durch den angenehmen bitterlichen Geschmack zu gebtzn,
der es so beliebt macht. Bis zu dem eilften Jahrhun¬
derte berauschten sich also unsere wackern Vorfahren nur
in weißem Vier.
Da der Andrang der Menschen nach den Städten
so groß war, und jeder da zu treiben pflegte, was er
wollte, so fing jetzt der Brodneid an, sich zu regen. Da¬
her traten die Handwerker in Zünfte oder Innungen, das
heißt, in geschloffene Gesellschaften unter sich, und nah¬
men keinen als Meister darin auf, der nicht ihr Gewerbe
ordentlich erlernt und Proben seiner Geschicklichkeit vor¬
gelegt hatte. Die Fürsten bestatten gern diese Zunft-
einrichtung, denn sie sahen wohl ein, daß auf solche Art
die Stümver entfernt und die Städte mit tüchtigen Ar¬
beitern versehen werden würden. Zugleich entstand da¬
durch unter.den Meistern und Gesellen selbst ein edler
Wetteifer, ein Bestreben, es jedem wandern zuvor zu thun,
und eine Art bürgerlicher Ehre, die auf der Achtung be¬
ruhete, welche jedermann gern dem geschickten Arbeiter
vor dem ungeschickten einräumt. Doch kamen erst in der
zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts, also nach
Heinrich V., die Zünfte recht in Aufnahme.
Auch die Baukunst machte Fortschritte. Eine Menge
hölzerne Kapellen verwandelten sich jetzt in schöne stei¬
nerne Tempel, und es wurden sogar Kirchen und Klö¬
ster in italienischem Geschmack aufgeführt. Laß um jene
Zeit auch eine große Menge Ritterburgen und kaiserliche
Schlößer erbaut wurden, wissen wir schon. Meistens
bestanden sie aber nur in einem steinernen Thurm, mit
Mauer und Graben oder einer Psahlhccke umgeben.
Hier hatte also die Kunst keinen bedeutenden Spielraum.
Unter die Künstler je.ner Zeit sind auch, die Bild¬
schnitzer und Stempelschneider zu rechnen, denn die Kir¬
chen und Altare wurden auch mit mancherlei Schnitzwerk
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