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III. Seite. Die neuere Zeit, von der Reformation bis jetzt.
war jedoch ihr Ungestüm gebrochen, ihre Reihen auseinander gesprengt,
und Münzer war einer der ersten, der die Flucht ergriff. In der
Angst versteckte er sich in einem Hause zu Frankenhausen, in dem Bette
eines Knechtes auf dem Boden; er wurde aber entdeckt, und, wie
er es verdient hatte, hingerichtet. Er starb wie ein Feiger.
So waren die, in der That gefährlichen, Unruhen alle gedampft;
aber es war leider viel Blut geflossen; man rechnete, daß mehr als
100,000 Bauern in Thüringen und Schwaben ihr Leben verloren
hatten. Dieß Alles war bis zum Jahr 1526 geschehen.
3. Die Protestanten. 1529. — In der, hierauf folgen¬
den, ruhigeren Zeit breitete sich die neue Lehre immer weiter in
Deutschland aus. Das Volk war ihr fast überall gewogen; der
niedere Adel, welcher jedem kühnen Unternehmen gern Beifall schenkte,
ebenfalls, und unter den Fürsten vorzüglich die von Sachsen, Hessen,
Brandenburg und Braunschweig-Lüneburg. Sie richteten den Got¬
tesdienst nach neuer Weise ein, schafften viele alte Gebräuche ab,
hoben die Stifter und Klöster mit ihren reichen Gütern auf, und
machten auf solche Weise sehr durchgreifende Veränderungen. Die¬
jenigen Reichsstände, welche der alten Ordnung anhingen, beklagten
sich laut darüber und faßten auf dem Reichstage zu Speier,
1529, den Beschluß: „es solle bei dem Wormser Achtsedikte gegen
Luther und seine Freunde bleiben, und die, bei denen seine Lehre
dennoch Eingang gefunden hätte, sich aller weiteren Neuerungen
enthalten." — Gegen diesen Beschluß protestirten die lutherisch
Gesinnten förmlich, und erhielten von dieser ihrer Protestation oder
Verwahrung den Namen Protestanten. Ihre Zahl war schon
nicht mehr unbedeutend, es waren: der Churfürst Johann der Stand¬
hafte von Sachsen, — Friedrich der Weise war 1525 gestorben; —
der Landgraf Philipp von Hessen, der Markgraf von Brandenburg,
die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg und von Meklenburg, der
Fürst von Anhalt, die Grafen von Mansfeld, und dann die freien
Reichsstädte: Magdeburg, Straßburg, Nürnberg, Ulm, Koftnitz,
Reutlingen, Windheim, Memmingen, Lindau, Kempten, 'Heilbron,
Jßny, Weissenburg, Nördlingen und St. Gallen.
4. Die Augsburgische Confession. 1530. — Im fol¬
genden Jahre kam Kaiser Karl selbst, nach 9jähriger Abwesenheit,
wieder nach Deutschland, zum großen Reichstage zu Augsburg.
Beide Partheien waren in der größten Spannung, wie er sich gegen
sie bezeigen würde. Er aber blieb ernst und verschlossen, behandelte
übrigens auch die Protestanten ohne Unwillen; denn in seiner Seele
lebte noch immer die Hoffnung, den Streit, wenn nur der erste
Eifer vorüber sey, durch Vergleich beizulegen, und in diesem Sinne
hat er noch eine Reihe von Jahren zwischen den Partheien gewirkt.
Die evangelischen Stände baten es sich auf diesem Reichstage aus, daß
sie die Hauptsätze ihres Glaubensbekenntnisses öffentlich vortragen durf¬
ten, damit ein jeder wisse, worin eigentlich ihre Abweichung von der
alten Kirche bestehe. Melanchthon, Luthers Freund, hatte dieses
Glaubensbekenntniß, nach 13 Artikeln Luthers, und den Schriften