132 111, Zeitr. Die neuere Zeit, von der Reformation bis jetzt.
der, Johann Bockold von Leyden, einen feurigen, schwärmeri¬
schen Mann, nach Münster. Er brachte den Prediger Rottman,
der eben die lutherische Lehre in Münster ausgebreitet hatte, auf
seine Seite, und beide zusammen hatten bald, wie einst Münzer in
Mühlhausen, durch ihre, der Sinnlichkeit schmeichelnde, Schwärmerei
die Masse des Volkes bethört. Der alte Magistrat wurde abgesetzt,
die vermögenderen und besonnenern Bürger aus der Stadt getrieben,
und der Pöbel führte die Herrschaft. Es traten Propheten auf,
welche göttliche Eingebungen wollten erhalten haben, um das Uner¬
hörteste einzuführen. Jeder Bürger mußte sein Gold und Silber
und sonstige Kostbarkeiten in den allgemeinen Schatz liefern, woraus
natürlich die Anführer das beste nahmen; es wurde sogar das Gesetz
gegeben, daß es der christlichen Freiheit gemäß sey, mehrere Frauen
zu haben, und Johann von Leyden gab das Beispiel, indem er
ihrer drcie nahm. Ja, endlich wurde Johann, nach dem Worte
eines der Propheten, zum König des ganzen Erdkreises ausgerufen,
der den Stuhl Davids wieder aufrichten werde; und mit dieser
Verkündigung wurden 28 Apostel in alle Welt ausgesendet, sie dem
neuen Könige zu unterwerfen. Sie wurden indeß, wohin sie kamen,
ergriffen und meistentheils hingerichtet.
Eine Zeitlang erhielten Lustbarkeiten und Ausschweifungen den
allgemeinen Taumel; bald aber erschien das Heer des Bischofs und
seiner Verbündeten, dem Unwesen ein Ende zu machen. Um Blut
zu schonen, und weil der schwärmerische Haufe sich auf das Tapferste
wehrte, wurde kein Sturm unternommen; der Hunger sollte die
Uebergabe erzwingen. Mit unglaublicher Hartnäckigkeit, die bei einer
besseren Sache des höchsten Lobes würdig gewesen wäre, hielten die
Belagerten auch das Elend der Hungersnoth aus, bis endlich ein
paar Bürger, des Jammers müde, das bischöfliche Heer bei Nacht,
auf geheimem Wege, in die Stadt führten. Nach blutigem Kampfe
in den Straßen und auf dem Markte wurden die Wiedertäufer
überwältigt, Johann von Leyden, Knipperdolling, sein Scharfrichter,
und Krechting, sein sogenannter Minister, gefangen genommen und mit
dem Tode bestraft. Nachdem sie mit glühenden Zangen gezwickt waren,
wurde ihnen ein Schwerdt in's Herz gestoßen, ihre Körper aber in
eisernen Käfigen an dem höchsten Thurme der Stadt aufgehängd.
59. Karls V. Kriege mit Franz I. von Frankreich.
Wahrend alles dieses in Deutschland vorging, war der Kaiser
Karl meistentheils mit wichtigen auswärtigen Unternehmungen ^ be¬
schäftigt. In Frankreich regierte der kriegerische und ehrgeizige König
Franz I., der auf des Kaisers große Macht höchst eifersüchtig war.
Er hatte schon zu Maximilians Zeit Mailand erobert und richtete
ferner seine Blicke auf das schöne Land Neapel, wogegen ihm Karl
nicht einmal den ungerechten Besitz von Mailand zu belassen geson¬
nen war. Der Krieg zwischen beiden sing bald nach Karls Regie¬
rungsantritt an, und nach mehreren minder wichtigen Begebenheiten