Full text: Historisches Bilder-Buch für die denkende Jugend

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Anspruch, und, weil Jupiter selbst in dieser Sache den Ausspruch zu 
thun Anstand nahm, begaben ste sich auf seinen Rath zu dem Hirten 
Paris, der gegen die Reichthümer und weltliche Herrlichkeit, die ihm 
Juno verhieß, wie gegen die Weisheit und Tugend der Minerva gleich¬ 
gültiger war, als gegen die schönste Frau auf der Erde, welche ihm 
Venus versprach. Diese erhielt den Apfel, Juno und Minerva aber 
wurden unversöhnliche Feinde des Paris und seines ganzen Hauses. 
Als Paris von seinem Vater, entweder um dem Apollo zu opfern oder 
um ein anderes Geschäft zu treiben, nach Griechenland geschickt wurde, 
kam er nach Sparta. Hier war Menelaus, Gemahl der Helena, Kö¬ 
nig. Diese, eine Tochter der Leda und des Tyndareus, oder des Jupi¬ 
ter selbst, war von so ausnehmender Schönheit, daß sie schon in ihrem 
zehnten Jahre von Theseus war entführt worden, dem sie ihre Brüder, 
Castor und Pollux, wieder abgenommen hatten. Als sie hierauf er¬ 
wachsen war, bewarben sich so viele Fürsten um ihre Hand, daß ihr 
Vater besorgt war, sich durch die Wahl eine Menge Feinde zuzuziehen. 
Er ließ daher, ehe er sich über seinen künftigen Eidam aussprach, alle 
Freier einen Eid schwören, daß sie dem Gemahl der Helena gegen 
Jeden beistehen wollten, der sie ihrem Manne entführen würde. Dann 
erst gab er sie dem Menelaus, Sohn des Atreus und Bruder des Aga¬ 
memnon, Fürsten von Mycenä, der für den mächtigsten König in Grie¬ 
chenland galt und Klytämnestra, Helena's Schwester, zum Weibe hatte. 
Wie nun Paris in das Haus des Menelaus kam und hier gastlich aus¬ 
genommen wurde, entführte er in der Abwesenheit desselben seine Ge¬ 
mahlin, und brachte sie mit ansehnlichen Reichthümern nach Troja. 
Da früher die Argonauten die Medea mit dem goldenen Vließ aus 
Colchis, und die Gefährten des Herkules und Telamón die Hesione, 
des Priamus Schwester, entführt hatten, so betrachteten die Trojaner 
die That des Paris nur als gerechte Wiedervergeltung und wollten von 
keiner Zurückgabe, aus welche die Griechen zuerst antrugcn, etwas 
hören. Es kam also zum Krieg. 
Das Aufgebot hiezu erging durch ganz Griechenland. Nicht nur 
waren die ehemaligen Freier Helena's eidlich verpsiichtet sich zu stellen, 
sondern die Lust nach Thaten lockte auch andere Helden zu diesem er¬ 
sten vaterländischen Abentheuer. Zwar batte schon der Mund der Pro¬ 
pheten von der langen Dauer des Krieges und den Unfällen, welche 
die Helden treffen würden. Vieles verkündigt, und Ulysses (Odysseus), 
der aus Klugheit und Liebe zu Haus und den Seinen sich nicht in den 
weitaussehenden Krieg begeben wollte, stellte sich sogar wahnsinnig, 
allein er wurde doch seiner Verstellung überführt und, da ohne ihn der 
Zug unmöglich gewesen wäre, genötbigt, sein liebes Weib Penelope, 
seinen kleinen Telemach, und seine kleine aber traute Insel Jthaka zu 
verlassen. Er half wiederum den Achilles, Solm der Tbetis, auskund¬ 
schaften. Diesen batte seine Mutter, wohl wissend, daß ihm vor Troja
	        
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