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§ 46. Einleitung über die griechischen Künste.
! 7.
4. per Säutenöau. Der griechischen Baukunst eigentümlich und unent-
behrlich ist die Verwendung von Säulen und Pfeilern. Zwar sind die
Säulen, ursprünglich eine Nachbildung der rohen Baumstämme im alten
Holzbau, zunächst nur die Träger des Oberbaues; aber sie verleihen dem
Ganzen zugleich das^gefällige Ansehen und den kunst-
mäßigen Charakter, so daß sie frühzeitig zum vornehm¬
sten Bestandteil der Tempelanlagen geworden sind.
Man unterschied je nach der Verwendung des
Säulenbaues mit besonderen Namen: Tempel mit
einer Säulenvorhalle (ProsMos), Tempel mit Norder-
und Hinterhalle (AmphiproMos), Tempel mit voll-
ständigem Säulenumgang (Peripteros), säulengetragene
Rundbauten (Monopteros), Rundtempel mit Vor-
hallen u. s. w.
5. pte drei Aaugite. Die Form der Säule
und die darauf beruhende Bauart des Tempels waren
einer traditionellen Gesetzmäßigkeit unterworfen. Ur-
sprünglich gab es zwei Hauptstilarten: den Dori-
schen Stil, dessen strengere Formen im griechi-
schen Mutterlande und in den italischen Kolonien
ausgebildet worden waren, und den etwas zier-
reicheren Jonischen Stil. Letzterer kam zuerst
im kleinasiatischen Jonien auf und stand in näherer
Verwandtschaft mit der asiatischen Kunst, wurde aber
von dort aus im 5. Jahrhundert auch nach Attila
verpflanzt. Seitdem werden hier beide Stilformen
nebeneinander gepflegt, obschon der Dorische Stil
zunächst der beliebtere bleibt.
Einer jüngeren Zeit gehört der Korinthische
Stil an, welcher auf größere Pracht berechnet war
und etwa seit 440 in der reichen Handelsstadt Korinth
ausgebildet wurde.
a) Der Dorische und der Konische Stit. Die
Gliederung des Dorischen Säulenbaues zeigt neben-
stehende Fig. 12. Hievon unterscheidet sich der Jonische
Stil (vgl. Fig. 13) zunächst darin, daß die Säulen
schlanker und höher sind, daß sie aus einer Basis (einem
Untersatz) aufsteigen und daß ihr Knauf oder Kapital
durch die Volute oder Schneckenwindung geziert ist;
ferner darin, daß der über dem Architrav (dem säulenverbindenden Hauptgebälk)
hinlaufende Fries eine ununterbrochene Mauerfläche für bildhauerische Darstellungen
bietet, wogegen der Dorische Fries aus den durch Triglyphe (oder Dreischlitze)
getrennten Metopen nur Raum für kleinere Einzelgruppen gewährt.
- Beiden Stilarten gemeinsam — wenn auch in den Einzelheiten der Zierglieder
(der Mäanderlinien und Eierstäbe, der Konsolen und Zahnschnitte u. dgl.) ver-
Fig. 12.
Dorische Säule mit Gebälk:
a Abakns,
b Echinus.
d Riemchen.
e Einschnitt
d—e Hals.
/ Architrav.
g Metope.
h Triglhph.
t Kranz¬
gesims.