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allen Unterschied der Stande aufzuheben, die Gesetze ab-
znschc ffen und eine völlige Gütergemeinschaft einzuführen.
Sie beriefen sich auf Offenbarungen und Eingebungen
Gottes. Tie gewöhnlichen Prediger wurden von ihnen
falsche Propheten genannt, und ganz um ihr Ansehn
gebracht.
Alles was sie sagten und lehrten, gefiel dem Volke
ausnehmend wohl, besonders die Gütergemeinschaft
und die Abschaffung der Obrigkeiten und des Unterschie¬
des der Stände. Der große Haufe strömte ihnen.da¬
her so zahlreich zu, daß sie sich mit seiner Hülfe des
Geschützes, des Zeughauses, des Rathhauses, am Ende
der ganzen Stadt bemeisterten. Jetzt wurde ein neuer,
ganz widertauferrschcr Magistrat eingesetzt und ein ge¬
wisser Knipperdolling und Sippenbrook zu Bür¬
germeistern gemacht. Darauf plünderten die Aufrührer
dre Kirchen, steckten eine in Brand, liefen durch alle
Straßen der Stadt, mit dem Geschrei: „Thut Buße,
zieht weg von hier ihr Gottlosen, sonst seyd ihr alle
des Todes." Zugleich ergriffen sie die Waffen und jag¬
ten alle Gottlose, nämlich alle rechtliche Bürger, die
nicht ihrer Parthei zugeihan waren, zu den Stadtthoren
hinaus und bemächtigten sich ihres Vermögens. So
wurde das Reich Shristi zu Münster hcrgeftcllt. Nun
fehlte mw noch die Einführung der Gütergemeinschaft.
Der Hauptapostel, Johann Matthießen, trat daher
auf und ließ an alle zurückgebliebene Einwohner einen
Befehl ergehen, bei Lebensstrafe all ihr "Gold, ihr Sil¬
ber, ihre ganze Habe auf das Rathhaus zu bringen.
Diese Verordnung wollte denen, die dergleichen hatten,
gar nicht gefallen; aber aus Furcht vor dem Pöbel ge¬
horchten sie doch. Jeder hatte nun Autheil an dem ge¬
meinschaftlichen Reichthum. Jetzt wurden, nach dem
Grundsatz, daß dem Menschen kein anderes Buch Roth