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lesen hatte, daß die Könige David und Salomo sehr
viele Weiber hatten, so führte auch er die Vielweiberei
ein, und ging den Bürgern selbst mit seinem Beispiele
voran. Erst heirathete er nur drei, nach und nach ver¬
mehrte er a er ihre Anzahl bis zu vierzehn. So wurde
denn eine große Menge Mädchen mit Männern versorgt,
was ihnen gar nicht übel gefiel.
Jetzt stand ein neuer Prophet in dem Volke Zion
auf, von Profession ein Goldschmied, dem Gott erschie¬
nen war, und dem er geoffenbart hatte, es sei sein
Wille, daß Johann von beiden König seyn, über
den ganzen Erdkreis herrschen, mit einem Heer auszie-
hen, alle Könige und Fürsten tödten, und nur das ge¬
meine Volk leben lassen solle. Sobald der Prophet seine
Weissagung ausgesprochen hatte, fiel Johann von Lei¬
den ans die Kniee nieder und sprach dankend mit gen
Himmel gerichteten Augen: Meine Brüder, dieß alles
ist mir schon vor vielen Tagen geoffeubaret worden;
aber ein anderer als ich mußte es euch verkündigen.
Schneider Johann war also von nun an König
von Zion. Er nahm sogleich Minister und Hoflente an,
ließ sich zwei Kronen und ein Scepter von dem feinsten
Golde machen, und ordnete Audicnztage an. Niemand
durfte sich unterstehen, Zweifel an dem göttlichen Berufe
des neuen Königs zu äußern, wenn er nicht seinen Frevel
mit dem Leben büßen wollte. Einer von seinen Wei¬
bern, die sich auf solche Art vergangen hatte, hieb Kö¬
nig Johann höchsteigenhändig den Kopf ab, und tanzte
mit dem umstehenden Haufen um den blutigen Leichnam.
Es wurden noch viele andere Greuel verübt, denen
die angrenzenden Fürsten jetzt nicht länger zusehen konn¬
ten, zumal da sich von Münster aus schon acht und zwan¬
zig Apostel in die umliegenden Städte zerstreut hatten,
nm ihre gefährliche Lehre zu predigen, und dem König