Object: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Culturzuständt. 
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nung der Religion ist? Alle wahrhaften Grundprincipien der Religion 
sind in ihm zur Geltung gebracht, alle religiösen Ideen von Gott, Un¬ 
sterblichkeit, ewiger Menschenbestimmung und Weltordnung sind durch 
dasselbe in das Bewusstsein der Menschenwelt gekommen. Ist die 
Vernunft, in welcher die Keime dieser Ideen liegen, die erste, so ist das 
Chriftenthum, welches diese Ideen zum rechten Verständniss und Be¬ 
wusstsein gebracht hat, die zweite göttliche Offenbarung, aber nicht 
etwa wegen t'cr außerordentlichen Thatsachen und Kräfte des Stifters, 
sondern wegen des wahrhaft göttlichen Gepräges seines Inhaltes, durch 
welchen es noch immer unter den Menschen Wunder thut. Zu dieser, 
hier gar nicht zu erschöpfendeil, inner» Vortrefflichkeit kommt auch 
noch eine äußerliche. Das Christenthum allein ist fähig, eine allge¬ 
meine Religion zu werden, denn es ist frei von allem Nationalen und 
Klimatischen, kennt keine beschränkende Diät, keine Heilighaltung oder 
Verachtung gewisser Thiere und Pflanzen, gestattet feine Polygamie, 
will nicht den Krieg, nicht Triumphe, nicht Herrschaft, sondern die 
Gleichheit aller Menschen und Völker, und dies ist es, was das 
Christenthum zu einem alle Menschen umschlingenden Bande macht. 
Bei solchen Vorzügen musste das Christenthum den Sieg über das 
Heidenthum erringen. Dieser Moment des Sieges wurde aber noch 
beschleunigt durch den Eifer, womit die ersten Anhänger sowohl das 
Christenthum predigten, als auch durch möglichst vollkommene 
Ausübung der erhabensten Lehren als lebendiges Beispiel vor¬ 
führten. Eine solche Begeisterung, wie die Christen der ersten Jahr¬ 
hunderte sie zeigten, konnte unmöglich durch die Verfolgungen, da sie 
nicht bis zur gänzlichen Vernichtung gingen, unterdrückt werden, viel¬ 
mehr wurde gerade durch dieselben der Eifer nur erhöht und die weitere 
Ausbreitung nur befördert. ,,Das Blut der Märtyrer wurde der frucht¬ 
barste Same zur Vermehrung der Bekenner." Bei alledem ist die Zahl 
der Märtyrer keine so große, als beschränkte oder absichtlich übertreibende 
Schriftsteller gewöhnlich angeben, und D o d w ell und Gibbon ha¬ 
ben dargethan, dass alle 10 Christenverfolgungen zusammen weniger 
eigentliche Märtyrer aufzuweisen haben werden, als die Inquisition in 
Spanien, oder die Hugenottenversolgung in Frankreich, oder die Ein¬ 
führung der Reformation in England oder in irgend einem andern 
Reiche, jedes allein betrachtet, Schlachtopfer gewürgt hat. 
Die einzelnen Christenverfolgungen. Die Juden 
waren schon zu Cicero's Zeit in Rom häufig und machten schon damals 
die Wechsler, die Mäkler und Kaufleute, oder wurden als zahlreicher 
Pöbelhaufen von listigen Parteigängern benutzt. So hatten sie an 
dem Sturme nach dem Tode Cäsar's großen Antheil und werden auch 
bei andern Revolutionen genannt. Im Allgemeinen waren sie verhasst, 
verachtet, aber ihre Reichthümer machten sie wichtig und reizten die 
Römer zu Erpressungen, wodurch der natürliche Widerwille gegen Roms
	        
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