fullscreen: Lehr- und Lesebuch für die gewerblichen Fortbildungsschulen Bayerns

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nur Fürsten in solchen gefahren waren. Zur Verschönerung des 
Lebens und zur Veredelung der Sitten trngen aber am meisten die¬ 
jenigen Gewerbe bei, die dem geistigen Menschen dienen, die Bnch- 
druckerei und Papiermacherei. Es ist in der That wunderbar, in 
welchen großen Massen neue Bücher entstanden und verbreitet wurden. 
Dadurch wurden natürlich die Wissenschaften sehr gehoben, und mit 
der Vervollkommnung derselben ging eine immer mehr und mehr 
um sich greifende Änsklärnng Hand in Hand. Diese Aufklärung 
wurde auch unter den Handwerkern eine vollendete, als die fran¬ 
zösische Revolution mit ihrer rücksichtslosen Vernichtung alles Be¬ 
stehenden die letzten Schranken brach, die bisher zwischen den Hand¬ 
werkern und den höheren Ständen bestanden hatten, und die allge¬ 
meine Gleichberechtigung zur vollen Geltung brachte. Das Selbst¬ 
bewußtsein der Handwerker, das so oft unterdrückt worden war, 
erwachte wieder und erzeugte einen Unternehmungsgeist, der durch 
seine schnelle Entwickelung in Erstaunen setzen muß. In rascher 
Reihenfolge tauchten alle möglichen Maschinen aus, welche die bis 
dahin gewöhnliche mühsame Handarbeit ganz unnötig machten und 
bedeutende Gewinne erzielten. Die größte Vollendung erhielten aber 
viele dieser Maschinen erst durch die Anwendung des Dampfes, 
dieses Hauptsaktors der neueren Kulturentwicklung. Einem Eng¬ 
länder, James Watt, gelang es 1765 durch die Idee des getrenn¬ 
ten Kondensators die Dampfmaschine zu erfinden. Jedoch war sie 
noch unvollkommen und erst im Jahre 1807 wurde das erste Dampf¬ 
schiff konstruiert, während die erste Lokomotive 1814 folgte. In 
den Fabriken nahmen nun die Dampfmaschinen die erste Stelle ein. 
In der Weberei besonders erzielte man ungeheure Erfolge mit den¬ 
selben. Auf einem Arkwrighllschen Stuhle z. B. können 3—400, 
ja sogar 1000 Fäden zugleich und zwar so sein gesponnen werden, 
daß ein Pfund Baumwolle 1000 Strähne oder 48,8 Meilen lang 
wird; ebenso viele Spindeln können, in einer Reihe ausgestellt, so 
thätig sein, daß jede Spindel 3—4000 Mal in einer Minute um¬ 
läuft, während zur Besorgung eines solchen Stuhles ein einziger 
Arbeiter hinreicht. In England gibt es Fabriken, die mit 50,000 
Spindeln arbeiten. Ähnlich verhält es sich mit der Band- und 
Tüllfabrikation. 
In gleichem Maße, wie die Fabrikation der Gewebe, ent¬ 
wickelte sich die Metallverarbeitung. Man hat jetzt Schmiedemaschi¬ 
nen mit einer Kraft von 100—12,000 Pfund, mit einer Fallhöhe 
bis zu 2 Meter und 50—200 Schlägen in der Minute. Eine 
Drahtmaschine vermag in einer Minute einen Draht von 165 m 
Länge zu ziehen; eine Stecknadelmaschine erzeugt in 24 Stunden 
50,000 Nadeln. Während ans einer solchen Verwendung einer 
riesenhaften Kraft mit dem feinsten Scharfsinn Resultate erzielt 
wurden, die die kühnsten Erwartungen übertrafen, schritt die 
von den Wissenschaften unterstützte Gewerbthätigkeit auch da zu 
einer erstaunlichen Vollkommenheit vor, wo sie die Kräfte und
	        
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