Full text: Von der deutschen Urzeit bis zur Reformation (Teil 1)

Der erste Kreuzzug. 125 
Frommen werden von den Eltern gerissen und müssen entweder Gott lästern 
oder für ihren Glauben den Märtyrertod sterben. Im Heiligtums werden 
Priester gemordet, und die Kirche der Auferstehung, die Ruhestätte des Hei¬ 
landes, muß den Frevel derer erdulden, welche keinen Teil haben am ewigen 
Leben, sondern bestimmt sind dem höllischen Feuer. Wehe uns, daß wir 
stille und ruhig zuschauen den Missetaten und der Schmach der Stadt Gottes! 
Darum auf, meine Geliebtesten, waffnet euch! Ein jeglicher umgürte seine 
Lenden mit dem Schwerte, zu helfen unseren Brüdern; denn besser ist, sterben 
im Kampfe für unser Volk, als länger den Greuel dulden. Lasset uns aus¬ 
ziehen, und der Herr wird mit uns sein. Im Namen des barmherzigen 
Gottes und der Apostel Petrus und Paulus verkündigen wir allen, die die 
Waffen wider die Ungläubigen ergreifen, vollkommenen Ablaß ihrer Sünden, 
und denen, so im heiligen Streite fallen werden, verheißen wir den Lohn des 
ewigen Lebens; nehmen auch jeden Streiter des Herrn als wahrhaften Sohn 
der Kirche in unfern besondern Schutz, also, daß bei Strafe des Bannes nie¬ 
mand an Leib und Gut ihn kränken darf." 
Überschrift: D e r A u f r u f des P a p st e s. 
b) Wie wirkte die Rede? 
„Unbeschreiblich war die Wirkung dieser Worte auf die versammelte 
Menge. Als hätte der Herr selber geredet, so war alles von Begeisterung 
und von heiligem Eifer erfüllt. Zuerst trat Adhemar, Bischof von Puy, vor 
den heiligen Vater, kniete nieder und bat um das Zeichen des Kreuzes, das 
ihm aus die Schulter geheftet ward; ihm folgte Bischof Wilhelm von Orange, 
dann die Menge der übrigen. Als hernach die Anwesenden heimkehrten und 
des Papstes Verheißung verkündeten, entstand eine allgemeine Bewegung in 
allem Volke. Es schieben Gatten von Gatten, Eltern von Kindern, und kein 
Band ber Liebe fesselte stark genug, um bie Begeisterung zu hemmen; Mönche 
verließen bie Klöster, Büßer ihre einsamen Zellen; kein Staub, kein Alter 
wollte ausgeschlossen sein von ber Teilnahme an bem großen Beginnen." 
(W. v. Tyrns, Geschichte bes hl. Krieges 1099—1184.) 
Überschrift: D i e allgemeine Begeisterung s ü r 
benKamps gegen bieUngläubigen. 
c) Wie war bie Feinbschaft zwischen ben Sarazenen (Türken) unb ben 
Christen entstauben? 
Vor tauseub Jahren unb früher pflegten christliche Pilger nach bem hei¬ 
ligen Lanbe zu wallfahrten, um an ben Stätten, wo ber Heilanb gelehrt unb 
gelitten hatte, innige Anbacht zu üben. Man meinte, ein Gott wohlgefälliges 
Werk zu tun, wenn man'eine solche weite Wallfahrt unternähme. Wer ein¬ 
mal bie weire Reife gemacht unb auf bem Zions- unb Olberge, auf Golgatha 
ober an bem heiligen Grabe gebetet hatte, ber glaubte ganz bestimmt, baß er 
nun ganz sicher aus bas ewige Leben unb bie Seligkeit hoffen bürfe. So¬ 
lange Palästina ben Arabern gehörte, würben bie Wallfahrten ber Christen 
nicht gehmbert. Anbers würbe es, als bie Türken bas heilige Lanb erobert 
hatten. Sie mochten bie Christen in ihrem Laube nicht bulben unb belästigten 
bie frommen Pilger auf jede Art und Weife. Wenn diese jetzt einen heiligen 
Ort betreten wollten, so mußten sie vorher eine hohe Steuer entrichten. 
Bei ihren AndachtsÜbungen wurden sie von den Türken verspottet. Die christ¬ 
lichen Heiligtümer wurden entweiht. Die Behanblnng ber Pilger würbe 
immer unerträglicher. Viele würben ausgeplünbert, als Sklaven verkauft 
ober gar getötet. Der Patriarch von Jerusalem, ber erste christliche Geistliche
	        
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