136
Die Neuzeit.
noch Gabel, weder Flöte noch Schreibzeug und Bücher, mit Ausnahme
der Bibel, erhalten; anfangs fehlten sogar Licht und Bett. Sein Freund
Katte, der ihm bei der Flucht hatte helfen wollen, wurde zum Tode
verurteilt und unter Friedrichs Fenstern geköpft. Der Prinz erhielt einen
Brief Kattes, in welchem dieser sein leichtfertiges Leben bereute und ihn
bat, dem Könige nicht zu grollen, da dieser nur der Gerechtigkeit Gottes
gedient habe. Auf Friedrich selbst hatten die lange Haft, der Brief
seines Freundes und die vielen Besuche des Feldpredigers eine heilsame
Wirkung gehabt. Er zeigte ernste Reue und bat seinen Vater brieflich
um Verzeihung; darauf erhielt er seinen Degen zurück, mußte aber noch
in Küstrin bleiben und in der Kriegs-'und Domänenkammer
daselbst thätig sein. Hier mußte er täglich sieben Stunden arbeiten
und erhielt abends Unterricht in einzelnen Zweigen der Verwaltung.
Der Prinz sollte namentlich lernen, „wie schwer es dem Bauer falle,
so viel Groschen zu erarbeiten, als zu einem Thaler gehören." Bald
nachher kam der König nach Küstrin; als der Sohn in Thränen dem
Vater zu Füßen sank, wurde ihm verziehen. Zwar erhielt er seine volle
Freiheit noch nicht zurück, doch wurde ihm jetzt gestattet, in Begleitung
erfahrener Männer Ausflüge in die nächste Umgebung zu machen, um
sich über Ackerbau, Viehzucht und Brauwesen zu unterrichten. Bei der
Hochzeit seiner Schwester Wilhelm ine wurde Friedrich wieder in die
Armee ausgenommen und erhielt damit völlige Verzeihung. Der Vater
stellte ihn als Obersten an die Spitze eines Regiments und schenkte ihm
das schöne Schloß R Heinsberg bei Ruppin. Friedrich verheiratete
sich auf Wunsch jeines Vaters mit einer Prinzessin von Braunschweig
und verbrachte in Rheinsberg die schönsten Jahre seines Lebens. Das
Wohlgefallen seines Vaters gewann er in solchem Maße, daß derselbe
kurz vor seinem Ende ganz glücklich zu seiner Umgebung sprach: „Thut
mir Gott nicht eine große Gnade, daß er mir einen solch würdigen
Sohn zum Nachfolger gegeben hat?"
2) Die beiden ersten schlesischen Kriege; 1740—1745.
a. Der erste schlesische Krieg; 1740—1742. Friedrichs erste Thaten
1740 auf dem Throne waren Werke des Friedens. Er ließ in dem teuren
Jahre seine Speicher öffnen und Getreide zu billigen Preisen an die
Armen verkaufen; die Folter wurde aufgehoben; die Riesengarde schaffte
er ab und vermehrte dafür das Heer, die „langen Kerls" wurden unter
die anderen Regimenter verteilt; den Offizieren verbot er die gewaltsamen
Werbungen, sowie die grobe Behandlung der Soldaten. Aber nicht
lange sollte er in Frieden walten.
Der Kaiser Karl VI. war ebenfalls im Jahre 1740 gestorben.