Palästina.
71
deplätze und reicher Vegetation; seine sogenannten Wüsten
waren nur Grasflächen ohne Anbau. Darum sprüchwörtlich
das Land, in welchem Milch und Honig fließt. Freilich ist
es noch bedeutender durch geistliche Segnungen. Alle heili¬
gen Erzählungen der Schrift haben dort ihren Schauplatz;
darum kein Wunder, daß von jeher fromme Sehnsucht dies
Land zu sehen wünschte: — daß im Mittelalter die ganze
abendländische Christenheit es durch die Kreuzzüge (1096
—1270) den Muhamedanern abzugewinnen suchte — daß
immerfort gelehrte Reisende die Natur von Palästina,
wie es später genannt ward, näher zu ergründen suchen.
Wir erinnern uns zuerst, was schon 46. über das Kalkhoch-
land dagewesen und merken zunächst den Lauf des Jor^
dan. Seine Qucllgegend ist am Berge Hermon, jetzt
Dschebel el Scheik, gegen 10,000', der mit dem Antili-
banon zusammenhängr. Zwei Quellbäche ergießen sich in den
schlammigen Schilfsee Merom. Aus ihm hervor tritt der
Fluß Jordan und bildet darauf den größeren und lieb¬
lichen See Genezareth oder das Meer von Liberias
(das am Südende liegt, durch warme Bäder berühmt),
Galiläi scher See, mit reizenden Bergufern und klarem,
fischreichen Wasser. Die meisten Apostel haben hier als Fischer
ihre Netze ausgeworfen, und unser Herr hat sich an seinen
Ufern mächtig in Reden und Thaten erwiesen. Seine
Stadt Capernaum am Westufer liegt in Trümmern. —
Von da strömt der I. in dem tiefen, heiß sandigen Ghor
weiter; bei dem lieblichen Jericho, jetzt einem armen Dorfe,
erweitert sich das Thal, und nun geht der Fluß durch eine
Ebene von Salzthon in das tobte Meer oder Salz¬
meer, 30 □ M. groß, dessen Wasser so salzig ist wie gra-
dirte Soole, an welchem keine grüne Pflanze, auf wel¬
chem kein Wasservogel, in welchem weder Fisch noch Muschel
zu finden ist. Schrecklich zerrissenes Geklüft umstarrt es
von allen Seiten; am Südrande kommt der Jordan nicht
wieder hervor, aber das Ghor, nun eine wüste Felsenschlucht,
setzt sich bis zum rothen Meere fort. Das todte Meer ist
entstanden "durch das Versinken des Thales Siddim (So¬
dom und Gomorra), ein Erdfall im Großen. Neueste
Messungen haben klar gemacht, daß es 1300' unter dem
Mittelmeer liegt, daß also das todte Meer und das Ghor
die tiefsten Erdftellen bilden (vgl. 19.). Daher denn