Full text: Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit

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brachen, und die Elbe hinausfloß, konnte das Land trocken werden, 
und die Pflanzenwelt aufschießen. 
Wann zuerst Menschen einwanderten, ist hier wie bei fast allen Landern 
der Erde unbekannt. So viel wissen wir, daß lange vor Christi Geburt Leute 
aus dem Stamme der Kelten stch dort niederließen, Bojer genannt. Von N. 
und W. her drangen aber kurz vor Christi Zeit deutsche Männer ein, und 
nannten stch Hüter der deutschen Mark (d. h. Grenze) oder Mark mannen. 
Als diese 4 Jahrhundert später auszogen, mit Weib und Kind, um an der Zer¬ 
stückelung des Römischen Reichs Theil zu nehmen, kamen von Osten her die 
Czechen, ein wendisches oder slavisches Volk, und nahmen die weite Herrnlose 
Gegend in Besitz. Noch jetzt nennen sich ihre Nachkommen Tschechen. Wir 
nennen sie aber Böhmen, und ihr Land Böheim oder Bojenheim, weil es vor 
Alters die Heimath der Bojer gewesen. Anfangs waren sie unabhängig voir 
fremder Herrschaft; allein Kaiser Otto der Große gedachte, daß ihr Land 
früher ein Deutsches gewesen, und zwang ihren Fürsten, ihm als Oberherrn zu 
huldigen. So ward Böhmen ein Theil deS deutschen Reichs, seine Fürsten 
liebten unsere Sprache, und so viele Deutsche ließen sich allmählig bei ihnen 
nieder, daß heut zu Tag ein Drittel der Bewohner, besonders an den Gebirgen 
umher und in den größeren Städten, deutsch ist, nämlich 1 Million unter 3 
Millionen. Alle gehören jetzt zum Kaiserthum Oestreich, und sind ein Volk, 
das sich größtentheils auf verständigen Feld- und Bergbau, auf Spinnen, We¬ 
ben des Flachses und andere Arbeiten versteht, obwohl es die Kursachsen und 
Schlesier an Fleiß und Betriebsamkeit nicht erreicht. Berühmt ist das böhmische 
Glas, das in 66 Glashütten 3500 Arbeiter beschäftigt. 
Das Land ist von der Natur wohl begabt; Wälder, Felder und 
Wiesen wechseln auf Höhen und Flächen. In manchen Strecken 
sind wahre Obstgarten, in andern weite fruchtbare Kornflnren, und 
die Berge liefern Metalle. Die Gegend um Leitmeritz ist besonders 
an Getraide und Wein ergiebig, und wird das Böhmer Paradies 
genannt. Die Ansicht der Charte besagt, daß gegen das Innere 
hin sich überall das Land abdacht; jedoch streifen weit herein 
zwischen den Flüssen die Höhenzüge. Selbst im Innern bei der 
großen Hauptstadt Prag sind Uferberge und Weinhügel. Vom 
Innern steigt also der Boden allmählig bis zum Fuß der Gebirge; 
mit Ausnahme des Egerthals, wodurch das allmählige Aufsteigen 
zum Erzgebirg verhindert wird. 
Die Gebirge: 1) das Riesen geb irg erstreckt sich 20 M. 
in die Länge vom Ursprung der Lausitzer Neiße bis zum Quell der 
Glazer Neiße, oder von der Tafelfichtc bis zum Spieglitzer Schnee- 
berg , welcher an der Mährischen Grenze die Bergreihe der ober-
	        
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