Full text: Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit

Gebiet bet Oder. 
115 
Wasser wie Silberbänder herabfallen, deren eintöniges Geräusch allein die fried¬ 
liche Stille dieser Wüstenei unterbricht. Weiter links wetteifert eine andere Schlucht 
mit dieser an Furchtbarkeit: nämlich der T e u fe ls g run d. Da hinab rauscht zur 
eben entstaudeuen Elbe das Weißwasser, weiter als irgend eine der Elbquellen 
von oben herabkommend; denn diese entspringen in der Höhe von 710 Klaftern, 
jenes noch 15 Klafter höher und zwar ans der weißen Wiese. 'Dies ist eine 
große unebene Fläche auf dem Gebirg, wohl eine Quadratstnnde im Umfang, die 
sich an den obern Gipfel der Schneekoppe hinauslehnt und seitwärts, hier als 
Rand des Riesengrundes, dort zum Teufelsgrnnde abbricht. Aehnliche Schlünde 
sind aus der nordöstl. oder schlesischen Seite des Hauptkammes. Man nennt sie 
Schneegruben (die große und kleine), weil ihre dunkelsten Winkel nur wenige 
Monate des Jahres völlig ohne Schnee sein mögen. Ihre Lage ist östlich vom 
großen Rad. Am obern Rande in einer Höhe von 764 Klaftern ergreift den 
Wanderer ein Schauder beim Anblick der entsetzlichen Tiefe; 1000 und mehr Fuß 
herauf starren die Felswände und Granitzacken. Unten sind die Schluchten noch 
durch Berge von Granittrümmern verschanzt, die erst weiter abwärts einem Thal 
Platz machen, wo die Wildheit aufhört. Dies Thal, vom Sturzbache durchrauscht, 
führt nach Hermsdorf, % St. von Warmbrunn am Zacken, in dessen Nähe die 
von Theodor Körner besungenen Burgtrümmer des Kynast liegen. Die Er¬ 
wähnung einer alten Burg erinnert daran, daß des berühmten Wallensteius 
Schloß Fried land, welches er nebst dem Herzogstitel vom Kaiser zum Ge¬ 
schenk erhielt, in der Nähe ist, und zwar am nordwestl. Ende des Gebirgs, wo 
an den Fuß der Tafelfichte sich Berge reihen, welche die Thäler der Lausitzer- 
Neiße bilden. Schloß Friedland zeigt sich auf einem freien Basaltfelsen, von der 
Wittach umflossen. Man findet daselbst ein altes Bild des berühmten Feldherrn 
in ganzer Gestalt. Er trägt ein ledergelbes Wams mit übergeklapptem Spitzen¬ 
kragen; an rother Feldbinde hängt das Schwert. In der Hand führt er den 
Commandostab. Vor ihm auf einem Tisch liegen Helm und Handschuh. Das 
Gesicht ist voll Ausdruck, doch mehr verschlagen, als edlen Ernstes. 
Die Kuppen des Riesengebirgs sind nackt, die Hänge und niedern Joche wald¬ 
reich, doch mehrentheils voll Nadelholz. Ueber der Höhe von 600 Klaftern gedeiht 
nur noch eine Strecke hinauf das niedere Knieholz, dieselbe Baumart, ans deren 
rothem Holze man in Ungarn das Krummholzöl destillirt. Abwärts in der Höhe 
von 300 bis 450 Klaftern trifft man schon Hafer- und Kartoffelfelder. 600 Fuß 
tiefer beginnt der Roggenbau. Die Thierwelt ist mannigfaltig; doch sind Wölfe 
und Luchse soweit ausgerottet, daß höchst selten einer zum Vorschein kommt. Im 
Jahre 1726 ward der letzte Bär geschossen. Ueberall im Gebirg gibt es, wo keine 
Dörfer sind, zerstreute Wohnungen, Bauden genannt. Man zählt ihrer 2500, 
die an 20000 Kühe und 12000 Ziegen halten. Der Reisende findet leicht ein 
Obdach und einfache Kost. Wer die Schneekoppe besteigt, pflegt gewöhnlich in der 
Hampelbaude (3856' Seehöhe) oder in der Wiesenbaude (4284') zu über¬ 
nachten. Die Baudner des obern Gebirgs sind oft Monate lang außer aller Ver¬ 
bindung mit den Thalbewohnern, sie bewahren ihre Leichen so lange im Schnee, 
bis das Thauwetter erlaubt, sie hinab zum Kirchhofe ihres Orts zu bringen. 
8 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.