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Mittel-Europa.
Schnee belästigt sie im Winter oft entsetzlich, während die Gewitter des Sommers
sich weiter abwärts an den Hängen und Thalrändern entladen. Die Baudner,
wie gesagt, leben mehrentheils von Viehzucht; 14 bis 15 Sommerwochen ertönt
das Gebirg vom Geläute der Kühe. Um Johannis wird gewöhnlich das Vieh
aus den Dörfern zu Berg getrieben; froh blöckt die Heerde und lustig singen die
Hirtin und der Bub. So geht's zwischen Fichten und Tannen hinauf zur Sommer¬
baude. Dort hauset das Vieh Nachts in Ställen, den ganzen Tag über draußen
auf der Weide. Butter und Käse wird viel gemacht. Man preist die runden
8 Pfd. schweren Kräuterkäse, wo der Käsemasse ein gewürzig duftendes Pulver
von getrockneten Kräutern beigemischt ist, nämlich von Majoran, Thymian, Berg¬
salbei , Bergmün;, Steinklee und Schafgarbe. — Aber auch fleißige Spinner
und Weber wohnen in den Thälern, wie überhaupt in ganz Schlesien. Groß ist
die Masse und Güte der Schleier, die man webt. Feine Schleier wurden zuerst
1623 zu Grünau bei Hirschberg durch Frau Martha Maibaum verfertigt, deren
Andenken billig in Ehren steht, denn ihr Beispiel hat zum Wohlstand Schlesiens
viel beigetragen. In Böhmen ist die Schleierwebe erst seit 1790 verbreitet.
Das Hauptgestein der Riesenkette ist Urgebirg, an den Hängen und in
Niederungen umlagert von Uebergangs- und Flötzgebirg. Wo der Glimmer¬
schiefer vorherrscht, z. B. auf der Ostseite im Schmiedeberger Kamm, sind starke
Erzlager; Steinkohlengebilde vorzüglich in Oberschlesien, wo man
jedoch diesen schwarzen Schatz erst in neuester Zeit würdigen lernte. Als das,
Land (worin Gleiwitz, Beuthen, Tarnowitz u. a.) an Preußen fiel, war es nock-
höchst arm, fast im wilden Zustande, der Ackerbau schlecht, die Bevölkerung dünn.
Seit der Anlage von Kohlenminen, von geregeltem Hüttenbetrieb, hat es große
Bedeutung erlangt; der steigende Gewinn an Kohlen und Eisen wirkt auf den
Wohlstand von ganz Schlesien. Aehnlich ging es in England, wo die jetzige
sehr bedeutende Eisenproduction erst möglich geworden, als man die Steinkohle
zum Betrieb der Eisenhütten zu benutzen anfing, und dies geschah erst nach der
Mitte des vorigen Jahrhunderts.
§. 3. Cnitheilung des Odergebiets. Obere Hälfte.
Ueberblicken wir nun das Odergebiet, so findet sich nur ganz im
Süden und auf der linken Seite nur als Vorstufe der Gebirge, bis
zur Lausitzer Neiße hin, Berg- und Hügelland. Der berühmte Zobten,
mittenwegs zwischen dem Eulengebirg und der Oder, 1780' über der
Ebene und 2244' über der Meeresfläche, ragt schon einzeln aus den
umgebenden Fruchtfeldern empor, die bis zum Strom 5 M. weit sich
fortstrecken. Sonst ist es eben, und der größte Theil völliges Flach¬
land. Da dieses einige Stunden nordwärts von Görlitz an der Neiße
beginnt, so ziehen wir eine Linie von da bis zur Bobermündung, die
das fruchtbare schönere Gebiet der obern Oder von dem reizlosender
untern trennt. Und da die Wartha ein so beträchtlicher Nebenfluß