Full text: Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit

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Gebiet ter Weichsel. 
versehen, in der Erde gefunden hat. Einiger Bernstein wird aus der Erde ge¬ 
graben; den meisten wirft die Ostsee bei Nordweststürmen an die Küste. Man 
vermuthet daher, daß vor undenklicher Zeit ein anderes Klima in Preußen 
herrschte, und der Boden der Ostsee gleichfalls Land gewesen sei, eh eine furcht¬ 
bare Erschütterung Land in Meer, und heißes Klima in kühleres verwandelte. 
Besonders häufig wird der Bernstein an der samländischen Küste gewonnen, von 
Pillau bis hinter Palmnicken. Heftige Winde machen ihn ans dem Grunde der 
Ostsee los und treiben ihn gegen das Land. Erst prallen die Wogen wieder ab 
und strömen mehrere 100' zurück, bis die See sich beruhigt und mildere Wellen 
allerlei Tang oder Seegras mit Stückchen Bernstein an die seichteren Stellen des 
Seerandes spülen. Sofort waten die Bauern ins Wasser und schöpfen mit 
runden Köschern an langen Stangen den Auswurf des Meeres, und hänfen alles 
am Strande auf, worauf unter Besichtigung bestimmter Staatsdiener der Bern¬ 
stein ausgelesen wird. Der beste ist weißlich gelb, von 6 Loth Schwere und 
drüber. Das größte Stück wird zu Berlin gezeigt; es wiegt 13V2 Pfund, und 
ist mitten im Lande unweit Gumbinnen ausgegraben worden. 
3) Der vorzüglichste Unterschied zwischen Preußen und Polen ist aber der 
des Volkes, denn Preußen wetteifert mit dem übrigen Deutschland an Bildung. 
Seine Städte sind gewerbsam, seine Schulen im Steigen, und mehrere Männer 
sind dort erwachsen, die unter den größten Köpfen unsers deutschen Vaterlandes 
hervorleuchten; besonders folgende: Niklas Kopernikus, großer Astronom 
und Mechaniker. Er hat zuerst die wahren Bewegungen der Himmelskörper und 
den Lauf der Planeten um die Sonne gelehrt. Nach ihm, der vor drei Jahr¬ 
hunderten gelebt, heißt noch immer das Sonnensystem das Kopernikanische, zum 
Unterschiede von den frühern, die auf unrichtiger Ansicht beruhten. Er war ge¬ 
bürtig aus Thorn an der Weichsel (weshalb sich auch die Polen, die eine Zeit 
lang diese Stadt besaßen , ihn zueignen), Sohn eines Chirurgs , und studirte 
ebenfalls Arzneikunde, eh' er der mathematischen Wissenschaft sich ergab. Er starb 
1543 zu Franenbnrg am frischen Haft, 70 Jahr alt, da er eben die Freude erlebt 
hatte, sein Buch über die Bewegungen der Himmelskörper (de revo¬ 
lutionibus orbium coelestium) aus Nürnberg gedruckt zu erhalten. Von seinen 
Kenntnissen der Mechanik zeugen die Reste einer Wasserleitung zu Frauenburg. 
Vermittelst eines Dammes und Druckwerks führte er aus der 2 Stunden ent¬ 
fernten Passarge Wasser auf einen Thurm; hier sammelte es sich in ein großes 
kupfernes Becken und ward durch Röhren nach der steilen Domhöhe und in die 
Häuser der Domherrn geleitet. — Immanuel Kant, geb. zu Königsberg 1724 
und ebendaselbst 1804 als Lehrer an der Universität gestorben, war einer der 
größten philosophischen Denker. - I. Gottfr. Herder, geb. zu Mohrungen 
1744, gest. zu Weimar 1803, ist ein herrliches Beispiel, wie bedeutende Fähig¬ 
keiten sich durch Fleiß und Beharrlichkeit selbst in der dürftigsten Lage entwickeln. 
Sein Vater war zu arm, um den Sohn in die Schule schicken zu können; und 
eben dieser Sohn gehörte nachmals zu den geistreichsten Männern des 18. Jahr- 
Hunderts. — Ferner der originelle Denker Hamann, Humorist Hippel, Maler 
Chodowiecki, Liedercomponist Reichard, Geschichtschreiber Archenholz, die Welt-
	        
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