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D i e Erde
äquator oder Gleicher, weil er die Himmelskugel in 2 gleiche Theile
theilt, und überall vom Nord- wie vom Südpol 90° entfernt ist. Be¬
wegt sich die Sonne auf diesem Aequator, so haben Tag und Nacht
gleiche Länge. Es ist Frühlings Tag- u. Nachtgleiche (Frühlings-
Aequinoctium), während 3 Monat früher, am Ende Decembers,
die Tage am kürzesten, die Nächte am längsten waren.
Diese scheinbare Wanderung der Sonne um die Erde können wir eine
schraubenförmige nennen; denn sie dreht sich nun weiter, so daß sie nördlicher
als O. auf- und als W. untergeht, und Mittags höher noch am Himmel zu
scheu ist. So gehts fort, bis sie am 21. Juuius, wo der längste Tag und die
kürzeste Nacht ist, 23'/s° nördlich vom Aequator, also nur 66'// vom Nordpolar¬
stern entfernt, durch unsern Meridian geht.
Nunmehr scheint es, als verweile sie etwas, weshalb die Tage vor u. nach
dem 21. Junius Sonnenstillstand (Solstitium, auch Sommersolstitium)
heißen. — Sie macht aber ihren Schraubeugang wieder südwärts, entfernt sich
also jeden Tag um ein unmerkliches vom Nordpol, bis sie am 23. September
wieder am Himmelsäquator anlangt, d. h. im O. auf-, im W. unter-, und 90°
vom Nordpol entfernt durch den Meridian geht. Wiederum sind Tag und Nacht
gleich (es ist H er b st - A e q u in o c t i n m). Und so dreht sie weiter südlich und
erreicht am 22. December jenen entferntesten Standpunkt, nämlich 23'/° südl.
des Aeqnators od. 113'/2° vom Nordpol, wo sie fast zu verweilen scheint (Win-
terstillstaud oder Winter sol stiti um), aber nur um ihren Schraubengang wie¬
der nordw. fortzusetzen.
Zieht man Kreisbogen am Himmelsgewölbe, da wo die Sonne
im Sommer- und Wintersolstitium steht, also 23'/2» nördlich und eben
so weit südlich vom Aequator, beide mit dem Aequator parallel, so nennt
man sie Wendekreise oder Tropen, weil die Sonne sich wieder
von Nord oder von Süd wegwendet.
Diese umständliche Schilderung wird der Lehrer benutzen, den Gegenstand
möglichst deutlich zu machen, und folgende Fragen beantworten zu lassen: Steht
die Sonne jemals in unserm Zenith? jemals so, daß wir, gegen den Nordpol
gewendet, sie erblicken? Welche Bogen zieht also für unser Auge die Sonne am
Himmel? Wie oft steht die Sonne des Jahrs am Himmelsäquator? Wer grade
unterm Himmelsäqnator wohnt, wie erscheint dem des Jahrs die Sonne? und
wie demjenigen, der den nördlichen oder den südlichen Wendekreis im Zenith hat?
8. 4. Vorläufige Annahme des Gegentheils.
Man hat sich viele Jahrhunderte mit diesen Beobachtungen be¬
gnügt unv dafür gehalten, daß die Sonne sich schraubenförmig um die
Erde bewege. Der Wechsel der Jahrzeit und manches sonst ließ sich
auch daraus erklären. Nur blieb viel andres, als man die Bewegung
der Himmelskörper studirte u. tiefere Berechnungen anstellte, noch un-