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Alles, was der Fortdauer seiner Macht widerstehen zu können
schien, unter Strömen von Blut niedergeschmettert, eingekerkert oder
verbannt worden war, ließ er sich durch eilte allgemeine Abstim¬
mung von 7 V2 Millionen Stimmen die Präsidentschaft mit dicta-
torischer Gewalt auf zehn Jahre übertragen, und am 2. Dezember
1852 wurde er vermittelst einer wiederholten Volksabstimmung
von 8 Millionen als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen
erklärt.
8. 157.
Das zweite Kaiserreich. Napoleon III.
Nachdem Napoleon III. durch die allgemeine Volksabstim-
muug sich zum Kaiser der Franzosen hatte machen lassen, erklärte
er in einer öffentlichen Rede zu Bordeaux: „Das Kaiserreich ist
der Friede." Aber sogleich in den ersten Jahren des neuen Kaiser-
reichs fanden die französischen Waffen den Weg zum Ruhm und
führten zu einem Uebergewicht Frankreichs in Europa.
Rußlands Absichten auf die Türkei traten immer offener her-
vor; die Westmächte, Frankreich und England, widersetzten sich,
und als ein russisches Heer die Douausürstenthümer als Pfand für
die russischen Forderungen besetzte, erfolgte 1853 der orienta-
lische Krieg zwischen den Westmächten und Rußland. Der mit
harter Mühe und großen Opfern geführte Kampf endete mit der
Einnahme der starken Festung Sewastopol aus der Halbinsel
Krim, des Hanptbollwetts der russischen Macht tut schwarzen Meer.
Am 30. März 1856 wurde der Friede zu Paris abgeschlossen;
Rußland verlor ein kleines Grenzgebiet an den Donaumündungen
an die Türkei und entsagte seiner Herrschaft auf dem schwarzen
Meere. Die feit Beginn des Jahrhunderts verbreitete Meinung
von der Unüberwindlichkeit der russischen Macht wurde wesentlich
vermindert, dagegen der Einfluß Frankreichs in den europäischen
Dingen erhöht.
Eine zweite erwünschte Gelegenheit zur Entfaltung der fran-
zösifchen Macht fand sich bald in den Verhältnissen in Italien.
Die Bewegung, welche im Februar 1848 von Frankreich ausge¬
gangen war, hatte sich rasch auch der Gemüther in Italien be-
mächtigt, wo schon lange große Unzufriedenheit mit. den bestehenden
Verhältnissen geherrscht hatte. Nachdem der König Karl Albert
von Sardinien in Folge eines unglücklichen Feldzuges gegen
Oesterreich die Krone niedergelegt hatte, setzte sich sein Sohn und
Nachfolger Victor Emannel, geleitet von seinem Minister