106 Die „gute, alte Zeit". — Der Entwicklungsgang der Lokomotive.
Die Eisenbahnen befriedigten nicht nur das bereits vorhandene Ver¬
kehrsbedürfnis, sondern vermehrten und erweiterten es in ungeahntem
Maße. Verkehr bringt Verkehr. Gerade durch das Eisenbahnwesen wurden
weit zahlreichere und bessere Zufuhrstraßen geschaffen als die vordem vor¬
handenen. Nach den Freiheitskriegen gab es in Preußen nur 3f50 km
chauffierter Wege, darunter in Ostpreußen knapp f0 km; i. Z. da¬
gegen zählte Preußen neben seinen Eisenbahnen 87,000 km an Runststraßen.
Nach Braun, Scherr und Bernstein.
54-. Die „gute, cilte Zeit".
1. Es melden Bücher und Lagen so manches Wunderding
von einem gelben Wagen, der durch die Lande ging.
Die Rutsche fuhr — man denke! — des Tags sechs Meilen weit
und hielt an jeder Schenke. — O gute, alte Zeit!
2. Es ward von den Passagieren zuvor das Haus bestellt-
sie schieden von den Ihren, als ging 's ans Ende der Welt.
Sie trugen die Louisdore vernäht in Stiefel und Meid,
im Zack zwei Feuerrohre. — G gute, alte Zeit!
3. Oft, wenn die Reisegenossen sich sehnten nach Bett und Wirt,
da brummte der Schwager verdrossen: „potz Blitz, ich hab' mich verirrt!"
von fern her Wolfsgeheule, kein Obdach weit und breit,-
es schnaubten zitternd die Gäule. — O gute, alte Zeit!
4. Buch war es sehr ergötzlich, wenn mit Zewalt'gem Mach,
in einem Hohlweg plötzlich der Wagen zusammenbrach.
War nur ein Rad gebrochen, so herrschte Fröhlichkeit,-
mitunter brachen auch Machen..— G gute, alte Zeit!
5. Der Rbenteuer perle, war doch das Waldwirtshaus;
es spannten verdächtige Rerle die müden Schimmel aus.
Ein Bett mit Federdecken stand für den Gast bereit;
das zeigte blutige Flecken. — O gute, alte Zeit!
6. Und waren der Gäste hundert verschwunden im Waldwirtshaus,
dann schickte der Rat verwundert berittene Häscher aus.
Die Leichen wurden gefunden, bestattet und geweiht,
der Wirt gerädert, geschunden. — G gute, alte Zeit! Rud. Baumdach.
*55. 0er Entioicklungsgcmg 6er iiokomofipe.
I. Richard Trevethik.
Die Eisenbahn ist in ihrer gegenwärtigen Vollendung nicht das
Werk eines genialen Geistes, ja nicht einmal ausschließlich des
englischen Volkes, wie man früher wohl glaubte. Auch Deutschland
hat einigen Anteil an dieser wichtigen Erfindung. Schon im 16. Jahr¬
hundert wurden in den Bergwerken des Harzes zur Fortschaffung
der Erzstufen Bahnen aus Holzschienen angelegt, die mit Eisen
beschlagen waren; in Klausthal legte man am Ende des 18. Jahr¬
hunderts eiserne Schienen und gestaltete demgemäß die Wagen.