2 Einleitung. §. 4.
Mittelpunkt dieser Erdscheibe bildet Hellas und zunächst der Berg Olympus
als Sitz der Götter. Ueber der Erdscheibe wölbt sich gleich einem Dome
der eherne Himmel, der im W. auf dem Atlas ruht, während unter ihr eine
ähnliche Wölbung nach ihr hinauf, eine Art Gegenhimmel, den Tartarus
enthält. Es giebt bei H. blos zwei Weltgegenden, die Tagseite (nyog r\co
t rjifoov xe) oder Morgen (u. Mittag), und die Nachtseite (ttqoq £oq>oi>)
oder Abend (u. Mitternacht). In der Tagseite ist der Sonnenteich (Xlyvy
’Hehoio), eine Erweiterung oder Bucht des Oceanus , aus welcher Helios
sich jeden Morgen erhebt, um nach Durchlaufung des Himmels sich Abends
in den westlichen Ozean zu tauchen und während der Nacht um die nörd¬
liche Erdhälfte herum wieder zum Osten zurückzukehren. Von allen Län¬
dern der Erde (die noch nicht nach 3 Welttheilen geschieden werden)
kennt H. blos Kleinasien und Griechenland genauer; von den übrigen er¬
wähnt er im N. blos Thracien mit dem Lande der Hippemolgen und Abier
(über welches hinaus seine Kenntniss des Nordens nicht reicht), im 0.
Phönicien und nördlicher das Land der Erember, Aethiopen und Arimer,
im S. Aegypten und das Land der Lotophagen (an der Nordküste Africa’s)
und im W. (von welchem er nur ganz dunkle Vorstellungen hat) mehrere,
grösstentheils fabelhafte, Inseln, unter welchen Sicilien (als das von Sike-
lern, Cyklopen und Lästrygonen bewohnte Land) am deutlichsten hervor¬
tritt, und noch jenseit des westlichen Ozeans die Cimmerier. Von den Mee¬
ren der Erde kennt er nur das Mittelmeer (als ifaAacraa, tcovtoq, ntkayog
schlechthin, ohne besondern Namen weder im Allgemeinen, noch für seine
einzelnen Theile) ; doch nimmt er auch im N. der Erde noch ein grosses
Meer (wohl nur eine Verlängerung des Mittelmeers gegen N.) an , da er
die fabelhafte Insel Ogygia als Mittelpunkt des Meeres (oycpcdog &(x\u<nryg)
im hohen NW. der Erde erwähnt. — Hesiudus (um 800 v. Chr.) folgt
im Ganzen noch denselben Ansichten ; doch hat sich bei ihm die Kenntniss
der Erde nach W. u. N0. hin schon merklich erweitert. Er kennt bereits
in Italien Tyrrhener und Latiner, auf Sicilien den Aetna, in Gallien die
Ligyer u. s. w., auch hat er schon von den Orangenhainen Hispaniens ge¬
hört, da er die dem Atlas gegenüber liegenden Gärten der Hesperiden mit
ihren goldnen Aepfeln erwähnt. Im W. der Erde setzt er die fabelhafte
Insel Erythia und die Inseln der Seligen, im höchsten NW. die glücklichen
Hyperboreer an, und eben dahin scheint auch der fabelhafte Bernsteinfluss
Eridänus zu gehören. Im N. kennt er schon den Fluss Istros (die Donau),
im 0. den Phasis, im S. den Nil (der bei Homer noch Aegyptos heisst).
Die Wohnsitze der Aethiopier scheint er bereits im S. anzusetzen, und den
Hippemolgen des Homer giebt er schon den Namen Scythen, zu welchen
auch die stets auf Wagen lebenden Galactophagen gehören. — An diese
beiden ältesten Dichter schliessen sich die Cykliker (im 8. ir. 7. Jahrh.),
Aescliijlus (525—456 v. Chr.) und Pindärus (522—442 v. Chr.) an,
bei welchen wir bereits 4 Himmelsgegenden und die Eintheilung der Erde
in 3 Welttheile, Asien, Libyen und Europa, finden, deren Grenzen der
Phasis und Cimmerische Bosporus, der Nil und die Strasse bei den Säulen
des Hercules bilden, auch die Kenntniss der Erde, namentlich nach W. u.
N0. hin, schon bedeutend erweitert sehen. Der Strom Oceanus ist bei ihnen
bereits zu einem grossen Weltmeere geworden.