Einleitung. §. 21. 22.
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immer trocbner und dürftiger wird. Da aber Stephanus aus einer Menge
uns nicht mehr Messender Quellen schöpfte und so eine grosse Masse sonst
nirgends zu findender Notizen enthält, wird er stets als eine Hauptquelle
der alten Geographie betrachtet werden müssen.
§.21. Die geograph. Leistungen der Römer in diesem Zeiträume
waren sehr geringfügig. Solinus (im 3. Jahrh.) lieferte in seinem Poly¬
histor., einer Sammlung vermischter Denkwürdigkeiten, ein zwar grössten-
theils geograph. Werkchen, das aber fast wörtlich aus Plinius abgeschrie¬
ben ist. Avienus (in der 2. Hälfte des 4. Jahrh.) verfasste ausser der
schon §. 19 erwähnten latein. Uebersetzung des Dionysius in Hexametern
auch ein Schriftchen Ora maritima, ursprünglich wohl eine vollständige
Beschreibung aller Küsten des Mittelmeeres, des Pontus Euxinus und der
Mäotis. von der wir aber nur ein Fragment von 705 Versen besitzen, das
blos die Küste Hispaniens und Galliens bis Massilia beschreibt. Ausonius
(309—392) besingt in seiner Idyllq Mosella in 483 gefälligen Hexametern
eine Moselreise, aus der wir die an diesem Flusse gelegenen Orte, alle
Nebenflüsse desselben, seine Fische u. s. w. kennen lernen. Rutiluis (um
417) liefert in seinem nicht vollständig erhaltenen poetischen Itinerarium
die Beschreibung der zur See gemachten Rückreise aus Rom nach Gallien,
und sein auch durch seine Form für die damaligen Zeiten ausgezeichnetes
Gedicht enthält manche einzelne, schätzbare Notizen. Die Schrift des Vi-
bius Sequester (zu Ende des 4. Jahrh.) unter dem Titel de ßuminibus,
fontibus, lacubus, paludibus, montibus, gentibus, quorum apud poetas
mentio fit ist blos ein trocknes und keineswegs vollständiges Verzeichniss
der auf dem Titel angedeuteten Namen, und Aetlucus Isler (im 4. Jahrh.)
liefert ebenfalls nur ein trocknes Namenverzeichniss der verschiedenen
Länder, Völker, Flüsse u. Ortschaften ohne grossen Werth. Vom Sextus
Rufus (urn's J. 364) rühren ein paar kleine Schriftchen de regionibus
urbis Romae und libellus provinciarurn her, an welche sich ein anderes
Schriftchen de regionibus urbis Romae anschliesst, das dem Publius Victor
zugeschrieben wird.
§. 22. Eine eigne und wichtigere Klasse von Quellen der alten Geo¬
graphie bilden endlich noch die Itineraria oder Reisebücher von doppelter
Art, entweder Itineraria adnotata s. scripta oder Itin. picta, welche
beide ihren Ursprung wohl auf die §.17 erwähnte Vermessung und karto¬
graphische Darstellung des röm. Reichs zurückführen. Erstere sind Reise¬
routen, welche (nach Art unsrer Postbücher) die wichtigsten Orte und alle
Stazionen, die man auf einer Land- oder Seereise von einem bestimmten
Orte zum andern passiren musste, nebst den Entfernungen derselben von
einander nach römischen Millien ohne alle weiteren Zusätze einfach nennen,
so dass sie zur richtigen Bestimmung der Lage der Oerter für die Topo¬
graphie des röm. Reichs gar nicht unwichtig sind. Wir besitzen von Wer¬
ken dieser Art namentlich noch folgende: 1) die beiden Itineraria Anto-
mm (so genannt weil sie gewöhnlich dem Kaiser Antoninus Pius zuge¬
schrieben werden, obgleich sie nicht vor dem Zeitalter Constantins d. Gr.
abgefasst sein können), von denen das eine dergleichen Reiserouten zu
Lande durch fast alle Provinzen des röm. Reichs mit den Distanzen nach
röm. Millien, das andere weit kürzere (Itinerarium maritimum) aber meh¬