Full text: Kurzer Abriß der alten Geographie

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Erster Theil. 
einander herumtreibenden Atome durch Bewegung und Stoss das Gleiche 
zum Gleichen. So wie nun die Welt einmal entstanden war, so musste ihr 
Dasein auch wieder enden können , und so nahmen denn die meisten der 
alten Philosophen eine Zerstörbarkeit des Weltalls an, und glaubten, dass 
sie entweder durch Feuer (so Anaximander, Anaximenes, Anaxagoras, Leu¬ 
cippus, Heraclitus, Zeno und sämmtliche Stoiker), oder durch Wasser (so 
Thaies), oder durch Feuer und Wasser zugleich (so Philolaus), oder end¬ 
lich durch Wiederauflösung der Atome (so Epicurus und seine Schule) ih¬ 
ren Untergang finden werde (obgleich Manche derselben nur eine Zerstö¬ 
rung im Einzelnen und andere Verbindungen der Elemente oder Atome zu 
andern Welten annahmen). Nur die eleatische Schule (Xenophanes, Par¬ 
menides, Melissus), welche alles Seiende für ewig und unvergänglich hielt, 
einige spätere Stoiker (wie Chrysippus, Posidonius u. A.), welche die 
Welt für ein lebendes, vernunftbegabtes Wesen und mit der Gottheit seihst 
für identisch hielten, nahmen eine ewige Fortdauer der Welt an. 
§. 24. Auch darüber, ob es nur eine oder mehrere Welten gebe, 
waren die Alten getheilter Meinung. Dass es nur ein Weltall gebe, lehr¬ 
ten Thales, Pythagoras, Empedocles, Plato, Anaxagoras, Aristoteles, Zeno 
u. A. ; das Gegentheil aber nahmen Metrodorus, Anaximander, Anaximei 
nes, Xenophanes, Leucippus, Democritus, Epicurus, Heraclides u. A. an. 
Freilich aber verstanden wohl fast Alle, die von mehrern Welten sprachen, 
darunter nicht verschiedene Sonnensysteme, sondern rechneten den Himmel 
mit allen uns sichtbaren Gestirnen zu der einen uns bekannten Welt, ausser 
welcher sie noch mehrere andere ähnliche Welten im unendlichen Raume 
annahmen, obgleich sich selbst eine dunkle Ahnung mehrerer Sonnen¬ 
systeme bei den Alten findet, indem man annahm, dass es unter den Ge¬ 
stirnen wohl manche geben möge, die der Sonne nicht nur an Grösse gleich¬ 
kämen, sondern sie wohl gar noch überträfen. — Was nun die Gestalt 
der Welt betrifft, zu der auch unsre Erde gehört, so hielten sie die Mei¬ 
sten (Pythagoras, Parmenides, Plato, Aristoteles, Leucippus, Democritus, 
die Stoiker u. s. w.) für sphärisch, Andere dagegen gaben ihr die Form 
eines Kegels oder (wie Empedocles) eines Eies, wmhrend wieder Andere 
(wie Epicurus) gar nichts Näheres darüber bestimmten. Fast alle aber 
dachten sich dieselbe in bestimmte Grenzen eingeschlossen, und zwar um¬ 
gab sie Parmenides mit einer Art von Mauer und Anaximenes auf ähn¬ 
liche Weise mit einer erdigen Masse, Leucippus und Democritus dagegen 
spannten eine Art von Haut um sie aus , in welche die Gestirne gleichsam 
eingewebt wären. Nach Empedocles beschrieb der Kreislauf der Sonne 
die Grenze des Weltalls, für welchen überhaupt wohl die Meisten den als 
ein festes Gewölbe gedachten Himmel ansahen. 
§. 25. Von unserm Sonnensysteme hatten die Alten kaum eine 
Ahnung, und alle bedeutendem Philosophen, Mathematiker und Geographen 
(selbst Aristoteles, Archimedes, Eratosthenes, Strabo, Ptolemäus u. s. w.) 
hielten die Erde nicht für einen der Planeten, sondern für den feststehen¬ 
den Mittelpunkt und wichtigsten Theil des ganzen Weltalls, um den sich 
die Sonne mit dem Monde und allen übrigen Planeten herum bewege*). 
*) Die Ansichten der Alten von Sonne, Mond, Planeten u.s.w. gehören nicht 
wesentlich hierher. Vgl. darüber mein Handb. d. alten Geogr. I. S. 499 ff.
	        
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