120 Erster Seitraum des Mittelasters: 476—751. B. Das Morgenland.
Reize des Paradieses und auf reiche Beute zu ersetzen verstand, gebot er
bei seinem Tode über die ganze weite Strecke von Tripolis in Afrika bis
nach Indien und von Südarabien bis an den Kaukasus und die Ufer des
Oxus.
Omar hatte in Betreff der Nachfolge die Verfügung getroffen, daß die
sechs noch lebenden Gefährten Mohammed's (Abderraman, Ali, Othman u. s. w.)
unter sich einen Khalisen wählen sollten. Unter diesen war Abderraman
früher von seinem Freunde Omar zum Khalifen ausersehen worden, hatte aber
damals abgelehnt und entsagte auch jetzt schon vor der Wahl der Herrschaft,
wenn man denjenigen anerkennen wolle, den er als Khalifen bestimmen
werde. Er überging den Ali, weil er sich gegen manche Handlungen der
beiden ersten Khalifen erklärt hatte, und ließ Othman, dem altersschwachen
Schwiegersöhne Mohammed's, huldigen. Diese Wahl war eine unglückliche.
Denn Othman übertrug sofort als Khalife seinen zum Theil unwürdigen
Freunden und Verwandten die höchsten Stellen, deren Einkünfte er noch
vermehrte. So machte er seinen Vetter Muawija allmählich zum Herru
von ganz Syrien im weitesten Sinne des Wortes; auch rief er den Eroberer
und Statthalter von Aegypten, Amru, von feiner Stelle ab und übertrug
dieselbe seinem Milchbruder Abdallah. Die Unzufriedenheit mit Othman's
Regierung brach zuletzt in offene Empörung aus. Unter dem Vorwande
einer Pilgerfahrt begaben sich die Häupter der Verschwörung mit zahlreichen
Haufen aus Aegypten und Persien nach Medina, belagerten den 82jährigen
Greis Wochen lang in seinem Palaste, legten zuletzt Feuer vor dem Thore
an, drangen dann durch ein anstoßendes Haus ein und erschlugen den wehr¬
losen Khalifen (656).
Die Rebellen proclamirten alsbald Ali, den Gemahl der Fatima (s. oben),
zum Khalifen, der jedoch die Herrschaft erst annahm, als auch die Häupter
Medina's, um der Anarchie ein Ende zu machen, sich für ihn erklärten. Da
seine und der Rebellen Hauptklage weniger gegen Othman selbst als gegen
dessen Statthalter gerichtet waren, so konnte er diese unmöglich in ihren
Stellen lassen, durch ihre Entsetzung aber machte er sie selbst und ihren ganzen
Anhang sich zu Feinden. Die von ihm ernannten neuen Statthalter fanden
fast allenthalben Widerstand, insbesondere Muawija, der mächtige Statt¬
halter von ganz Syrien, versagte dem Ali förmlich die Anerkennung und
nöthigte dessen Statthalter, nach Medina zurückzukehren. Der härteste Schlag
für Ali aber war, daß Ai'scha, die Witwe des Propheten, in Mekka das
Volk aufforderte, ihm die Huldigung fo lange zu versagen, bis er die Mörder
Othman's bestraft habe, und daß Talha und Zube'i'r, zwei jener sechs Ge¬
fährten Mohammed's (s. oben), die selbst nach dem Khalisat gestrebt hatten,
nebst andern angesehenen Medinensern, trotz ihres Huldigungseides den
Aufruhr unterstritzten. Da diese glaubten, Ali würde zunächst gegen Mnawija
ins Feld ziehen, so hofften sie inzwischen Irak zu gewinnen, dessen Statt-