Full text: Lehrbuch der vergleichenden Erdbeschreibung

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Die Sprachstämme. §. 10. 
(oder Sprachen) absonderten, die sich später wieder ein- oder zweimal 
theilten. So trennten sich von dem indo-germanischen Stamme schon 
früh die Arier und zerfielen später in Inder (Sanskrit) und Jranier 
(Perser); von demselben gingen zwei Völkerreihen nach Westen aus, 
die eine bildet den nord-europäischen Sprachstamm, der sich wieder in 
Gelten, Germanen und Slaven schied, die andere Völkerreihe be¬ 
setzte die Küsten des Mittelmeeres und scheint eine Zeit lang ein einziges 
Volk (die Pelasger?) gebildet zu haben, welches sich in der Folge in 
Griechen und Italiker trennte. 
Zu dem zweiten großen Zweige, dem ägyptisch-semitischen, 
welcher fast in der Mitte des ersten sich eingedrängt oder vielmehr er¬ 
halten hat, gehört 
a. das Aegyptische, noch in den Hieroglyphen erhalten, 
b. das Hebräische, mit einer sehr alten, für die Geschichte der 
Menschheit höchst bedeutenden Literatur, 
0. das Arabische, die'verbreitetste der semitischen Sprachen. 
Außer jenen beiden Hauptsprachstämmeu unterscheidet mau ge¬ 
wöhnlich noch fünf Stämme: 
1. den afrikanischen (100 Mill. M.) in dem innern und 
südlichen Afrika, 
2. den tatarischen ') (über 50 Mill. M.) im mittleren und 
nördlichen Asien und in der Türkei, wozu drei nach Gestalt 
und Farbe verschiedene, in sprachlicher Beziehung aber innig 
verwandte Völker gehören: die Türken, Tungusen und Mon¬ 
golen (im engeren Sinne), 
3. den malaiischen (25 Mill. M.) der gleichnamigen Rasse 
angehörend, 
4. den amerikanischen über ganz Amerika ausgebreitet, 
5. den uralischen im nördlichsten Europa (Finnen) und Asien, 
sowie in Ungarn (Magyaren). 
Im Allgemeinen breiten sich die Sprachen der Culturvölker immer 
mehr auf Kosten der ungleich zahlreichern Sprachen der ungebildeten 
Völker aus, wie z. B. die mehr als hundert verschiedenen einheimischen 
Sprachen (oder Dialecte?) der Amerikaner vor drei europäischen: der 
englischen, spanischen und portugiesischen, zum Theil verschwunden sind, 
so daß in einer nicht allzufernen Zukunft die Sprachen weniger gebil¬ 
deter Völker allein auf der Erde vorherrschend sein werden. 
') Mit Unrecht wird häufig „tatarisch" und „mongolisch" für identisch ge¬ 
halten; elfteres ift eine Sprachbezeichnung, letzteres eine Raßenbezeich- 
nung, und der Name „Tataren" kann keineswegs auf alle der mongo¬ 
lischen Nasse angehörenden Völker ausgedehnt werden. Die falsche 
Schreibart Tartarcn verdankt ihren Ursprung einem Wortspiele Ludwig 
des Heiligen, welcher sagte, sie hießen mit Recht Dartaren, denn sie 
glichen den bösen Geistern des Tartarus.
	        
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