Full text: Geschichte der neueren Zeit (Theil 3)

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nicht verzichtet hatte; der Kaiser forderte ihn deshalb für seinen 
zweiten Sohn, den Erzherzog Karl. Der Kurfürst von Bayern, 
Maximilian Emanuel, machte gleichfalls Ansprüche; denn er 
war der Gemahl der einzigen Tochter Leopold's von dieser 
spanischen Prinzessin. Der Kurprinz war demnach der einzige 
rechtmäßige Erbe. Ludwig, der wohl einsehen mochte, wie 
äußerst schwach seine eigenen Erbschaftsansprüche seien, entwarf, 
um wenigstens einen Theil von der reichen Beute zu erhalten, 
mit den Seemächten England und Holland heimlich einen Thei- 
lungsplan, nach welchem der Kurfürst von Bayern, des Kai¬ 
sers Enkel, Spanien und Indien, der französische Prinz Neapel 
und Sicilien, der Sohn des Kaisers aber die spanischen Nieder¬ 
lande und Mailand erben sollte. Der König Karl aber wollte, 
daß sein Reich ungetheilt bleibe, und wurde nicht wenig ent¬ 
rüstet, als er hörte, daß Fremde sich unterfangen hatten, nach 
Willkür und Laune das Loos für dasselbe zu werfen. Um ihre 
Absichten zu vereiteln, setzte er den Kurprinzen von Bayern 
zum alleinigen Erben seines ganzen Reiches ein. Der junge 
Prinz starb aber noch vor Karl, und nun wäre Leopold der 
einzige rechtmäßige Erbe gewesen. Auch der König von Spa¬ 
nien selbst war ganz auf österreichischer Seite und verlangte, 
der Kaiser sollte seinen Sohn nach Spanien schicken. Leopold 
aber, der seinen Sohn nur in einem glänzenden, eines öster¬ 
reichischen Erzherzoges würdigen Aufzuge, wozu er aber nicht 
gleich die Mittel hatte, nach Spanien schicken wollte, zögerte 
so lange, bis es zu spät war. 
Gleich nach des Kurprinzen Tode hatten die Seemächte, 
England und Holland, mit Frankreich wieder einen neuen 
Theilungsplan entworfen, dem gemäß die Herrschaft unter den 
Erzherzog Karl und den Dauphin getheilt werden sollte. Lud¬ 
wig hatte bei der Theilung nur die Absicht, jene beiden Mächte 
für den Augenblick zu beruhigen und sich geneigt zu erhalten; 
übrigens war er schon längst entschlossen, gleich nach Karl's 
Tode die ganze Erbschaft an sich zu reißen. Hierauf zielten 
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