-
— 211 —
nicht verzichtet hatte; der Kaiser forderte ihn deshalb für seinen
zweiten Sohn, den Erzherzog Karl. Der Kurfürst von Bayern,
Maximilian Emanuel, machte gleichfalls Ansprüche; denn er
war der Gemahl der einzigen Tochter Leopold's von dieser
spanischen Prinzessin. Der Kurprinz war demnach der einzige
rechtmäßige Erbe. Ludwig, der wohl einsehen mochte, wie
äußerst schwach seine eigenen Erbschaftsansprüche seien, entwarf,
um wenigstens einen Theil von der reichen Beute zu erhalten,
mit den Seemächten England und Holland heimlich einen Thei-
lungsplan, nach welchem der Kurfürst von Bayern, des Kai¬
sers Enkel, Spanien und Indien, der französische Prinz Neapel
und Sicilien, der Sohn des Kaisers aber die spanischen Nieder¬
lande und Mailand erben sollte. Der König Karl aber wollte,
daß sein Reich ungetheilt bleibe, und wurde nicht wenig ent¬
rüstet, als er hörte, daß Fremde sich unterfangen hatten, nach
Willkür und Laune das Loos für dasselbe zu werfen. Um ihre
Absichten zu vereiteln, setzte er den Kurprinzen von Bayern
zum alleinigen Erben seines ganzen Reiches ein. Der junge
Prinz starb aber noch vor Karl, und nun wäre Leopold der
einzige rechtmäßige Erbe gewesen. Auch der König von Spa¬
nien selbst war ganz auf österreichischer Seite und verlangte,
der Kaiser sollte seinen Sohn nach Spanien schicken. Leopold
aber, der seinen Sohn nur in einem glänzenden, eines öster¬
reichischen Erzherzoges würdigen Aufzuge, wozu er aber nicht
gleich die Mittel hatte, nach Spanien schicken wollte, zögerte
so lange, bis es zu spät war.
Gleich nach des Kurprinzen Tode hatten die Seemächte,
England und Holland, mit Frankreich wieder einen neuen
Theilungsplan entworfen, dem gemäß die Herrschaft unter den
Erzherzog Karl und den Dauphin getheilt werden sollte. Lud¬
wig hatte bei der Theilung nur die Absicht, jene beiden Mächte
für den Augenblick zu beruhigen und sich geneigt zu erhalten;
übrigens war er schon längst entschlossen, gleich nach Karl's
Tode die ganze Erbschaft an sich zu reißen. Hierauf zielten
14*