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Die Stände (Adel und Städte) wollten von ihren Rechten nichts opfern und keine 
Mittel für das Heer bewilligen. Sie versuchten sogar die polnische Lehnshoheit wieder 
herzustellen. Da mußte der Kurfürst mit Strenge seinen Willen durchsetzen. 
9. Vas stellende !)eer. Die starke Stütze des Kurfürsten gegen seine 
Feinde war das Heer. Er behielt die Soldaten, die er angeworben hatte, auch 
im Frieden unter den Waffen, um immer kriegsbereit zu sein. So wurde er 
der Schöpfer des ersten stehenden Heeres in Deutschland. Nach und nach 
vergrößerte er seine Heeresmacht von 3000 bis auf 30000 Mann. Die Sol¬ 
daten bekamen eine einheitliche Kleidung, die Reiter weiße, die Infanterie blaue 
Röcke. Bei der Einrichtung des Heeres stand ihm besonders der General 
Derfflinger treu zur Seite. 
10. Steuern. Der Adel war bisher fast steuerfrei. Die Kosten für das 
stehende Heer hatten die Hausbesitzer in Stadt und Land aufzubringen. Diese 
Grundsteuer wurde auf das flache Land beschränkt und gerechter verteilt. Für 
die Städte dagegen führte der Kurfürst die Verbrauchssteuer ein. An den 
Stadttoren mußte hinfort für Getreide, Vieh, Fleisch, Bier und andere Gegen¬ 
stände, die zum Markt gebracht wurden, eine Abgabe gezahlt werden. Diese 
Steuer brachte dem Staate viel ein, den Hausbesitzern aber schaffte sie Er¬ 
leichterung. So bekamen die Leute wieder Lust zu bauen. In Berlin allein 
wurden in drei Jahren 150 Häuser gebaut. 
11. Sorge kür clas Volkswokl. Bei all den Kriegsunruhen vergaß der 
Große Kurfürst nicht, immerdar aufs treueste für das Wohl seines hartbedrängten 
Volkes zu sorgen. Dem Landmanne verschaffte er Vieh und Saatkorn, und 
in die entvölkerten Gegenden Zog er Ansiedler aus Holland und der Schweiz, 
die den sandigen und sumpfigen Boden der Mark in fruchtbare Felder und Gürten 
umwandelten. Von jedem Bauer verlangte er, daß er bei seinem Hause einen 
Garten anlegte, und keiner sollte heiraten, wenn er vorher nicht wenigstens sechs 
Obstbäume gepfropft und ebensoviel Eichbäume gepflanzt hätte. Dem Gewerbe 
kam er zu Hilfe, indem er Webereien, Gewehrfabriken, Glasfabriken, Eisenhütten 
und Tabakfabriken erbaute. Auf ausländische Waren legte er hohen Zoll (Schutz¬ 
zoll) oder verbot ihre Einfuhr ganz. Von besonderem Vorteil war die Aufnahme 
der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten. Unter ihnen gab es geschickte 
Teppich- und Seidenweber, Goldarbeiter, Tischler und Uhrmacher, die solche Ge¬ 
werbe in Brandenburg zur Blüte brachten. Zur Hebung des Handels wurde 
die Oder mit der Spree durch den Friedrich-Wilhelm-Kanal verbunden. Nun 
konnten die Waren von Hamburg nach Berlin auf dem Wasser befördert werden. 
Der Kurfürst richtete eine regelmäßige Postverbindung vom Rhein bis nach 
Memel ein und kümmerte sich wenig um den Einspruch des Fürsten von Thurn 
und Taxis, der das Postwesen im Reiche in Händen hatte. — Der Große Kur¬ 
fürst schuf sogar eine Kriegsflotte, die er zuerst im schwedischen Kriege ver¬ 
wandte. Einmal nahm er mit ihr den Spaniern ein Kriegsschiff fort, als sie 
sich geweigert hatten, ihm die versprochene Kriegsunterstützung zu zahlen. — An 
der Goldküste in Afrika nahm Friedrich Wilhelm einen Landstrich in Besitz 
und legte dort das Festungswerk Groß-Friedrichsburg an. Die Kolonie konnte 
aber nicht recht zur Blüte kommen, daher hat sie Friedrich Wilhelm I. später an 
die Holländer verkauft.
	        
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