Full text: Umrisse der topischen Geographie (Lehrstufe 1a)

VII 
erlauben mir nur, meine Ansichten über diese Frage mit Angabe der nächsten 
Motive darzulegen; die vollständige Entwicklung der Gründe und die Bestreitung 
abweichender Meinungen müssen einer andern Stelle Vorbehalten bleiben. 
Es scheint mir ganz unzweckmäßig, mit der astronomischen Geographie den 
Anfang zu machen. Zu einer klaren Auffassung der Lehren über die Stellung der 
Erde im Weltgebäude, ihre niannichfaltigen Bewegungen und die daraus entstehenden 
Erscheinungen wird schon eine Gewandheit, Stärke und Ausdauer der Einbildungs¬ 
kraft erfordert, wie wir sie bei Kindern von dem Alter unserer Sertaner nicht 
voraussetzen dürfen. — Mit der physischen Geographie kann noch weniger be¬ 
gonnen merden, indem einige Theile derselben, z. B. die Klimatologie, erst aus die 
astronomische Geographie gebaut werden können, alle Lehren derselben aber einer 
festen Grundlage entbehren und gleichsam in der Luft schweben würden, wenn nicht 
zuvor die Erde topisch betrachtet worden. Auch setzt die naturhistorische Geographie 
wenigstens einen übersichtlichen CursuS in der Naturgeschichte voraus. — Daß 
die politische Geographie eben so wenig den Anfang machen könne, leuchtet von 
selbst ein. Wir werden demnach auf die topische Geographie, als die Basis des 
ganzen geographischen Unterrichtes, hiugewiesen. Bei näherer Betrachtung finden 
wir auch, daß diese für die Stufe der Geistesentwicklung, worauf Sertaner ge¬ 
wöhnlich stehen, in hohem Grade geeignet ist. Es wird dem Schüler zwar die 
Einübung einer großen Menge unbekannter Namen zugemuthet; aber welches Alter 
gäbe sich dazu Wohl lieber her, als das Knabenalter? und welchen! würde es wohl 
leichter, als gerade ihm? Die Auffassung der räumlichen Verhältnisse der Erde 
wird dem Knaben durch Bild und Zeichnung erleichtert, die sich seinem frischen und 
empfänglichen Sinne mühelos und tief einprägen. Ununterbrochene Verstandesopera¬ 
tion, die durch lange Gedankenreihen auf ein entferntes Ziel hinstrebt, wird hiebei 
nicht von ihn! gefordert, nur Auffassung von Analogien, durch die äußere Anschauung 
unterstützt. 
Steht es nun fest, daß die topische Geographie die Grundlage des geographi¬ 
schen Studiums bilden müsse, so entsteht weiter die Frage, wie dieser erste CursuS 
zweckmäßig anzuordneu und den Schülern interessant zu machen sey. Leicht könnte 
man auf den Gedanken kommen, es sei rathsam, die Dürre dieses Zweiges der Geo» 
graphie durch das Schmuckwerk angehängter physikalischer, ethnographischer und po¬ 
litischer Notizen zu mildern. Ich habe nichts dagegen, wenn der Lehrer bisweilen 
und mit Maß seinen Unterricht durch dieses Mittel belebt; aber eS ist lediglich als 
eine Zugabe zu betrachten und nicht mit in Rechnung zu bringen. Die Hauptmittel, 
diesen CursuS anregend, geistweckend und geistübend zu machen, müssen dem ihm 
angehörigen Lehrstoffe selbst abgewonnen werden. Daß dieses möglich sey, wird nicht 
leicht Jeniand bezweifeln, der von R i t t e r's und seiner Anhänger Bemühungen 
um die topische Geographie gründlich Kenntniß genommen. Eö kann nicht fehlen,.
	        
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