Von der Erleuchtung der Erde. 23
§. 26. Verlängerung des Tages durch die Dämmerung.
Die tägliche Erfahrung stimmt mit der Dauer der Ta-
gesläugeu, wie sie in der oben mitgetheilten Übersicht berech¬
net worden, nicht genau überein, sondern wir bemerken, daß
die Beleuchtung in der That länger dauert. Dies wird durch
die Dämmerung bewirkt, wie man die matte Beleuchtung
nennt, welche dem Sonnen-Aufgange vorangeht und dem
Sonnen-Untergänge folgt. Sie wird durch die Größe der
Soitnenfchcibe.und durch die sogenannte Strahlenbrechung
oder Refraktion erzeugt. Erschiene uns nämlich die Sonite
nur als ein glänzender Punkt, so wurde sie, ungeachtet der
allmählig - gleichmäßigen Axendrehung der Er^e, auf
einmal, in einem kleinen Zeittheilchen, in den Horizont tre¬
ten und in demselben Augenblicke ihr volles Licht über die
eine Erd-Hälfte ausstrahlen. Alsdann würden die angege¬
benen Tageslängen mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Nun
hat aber die Sonnenfcheibe einen scheinbaren Durchmesser
von etwa 1900 Linien, kann also nicht auf einmal in den
Horizont treten, nicht auf einmal in vollem Lichte leuchten,
sondern ihr oberer Rand wird früher auf- und später un¬
tergehen, als ihr Mittelpunkt. So entsteht die Dämmerung,
deren Dauer durch die Strahlenbrechung noch verlängert
wird. Dies ist diejenige Erscheinung, vermöge welcher die
Lichtstrahlen von ihrem graden Wege abgelenkt und in bo¬
genförmiger Richtung geworfen werden, so daß das Bild der
Sonne sich bereits über den Horizont erhebt, wann die
Scheibe noch unter demselben sieht *).
Auf diese Weife erweitert sich die Peripherie des Er¬
leuchtungskreises, aber vermittelst der die Strahlenbrechung
bedingenden Ursachen keinesweges gleichmäßig, denn 'wäh¬
rend die Dämmerung in niedrigen Breiten nur wenige Mi¬
nuten beträgt, vermindert sie die Nacht des Pols um 34
Monat.
§. 27. Verschiedenheit der Tageszeiten.
Wenn wir oben erfahren haben (§. 19.), daß alle un-
*) Die Ursachen dieser Erscheinung gehören der Physik an.