26 Die Zeit Ludwigs XIV.
1715 auch Stralsund aufgeben und sich nach Schweden zurückziehen. Er
sah nun wohl ein, daß er gegen die Übermacht nicht aufkommen könne.
Deshalb suchte er den Zaren zu einem Sonderfrieden zu bewegen und
sich für den voraussichtlichen Verlust der meisten Nebenländer durch die
Eroberung Norwegens schadlos zu halten. Da wurde er bei der Belagemng
der norwegischen Grenzfestung Fred erikshald (an der Straße
1-1718 nach Chriftiania) durch eine feindliche Kugel getötet.
4. Friedensschlüsse. Der schwedische Adel benutzte nun den Über¬
gang der Krone an Karls jüngere Schwester Ulrike Eleonore (—1720)
und deren Gemahl Friedrich von Hessen-Kassel (—1751), um die könig¬
liche Gewalt durch die Mitregierung eines Reichsrates zu beschränken.
1719/21 Dann erfolgten die Friedensschlüsse zu Stockholm und Nystad (in Süd¬
westfinnland).
Hannover bekam die Gebiete von Bremen und Verden (gegen 1 Mill. Taler),
Preußen Stettin und Vorpommern bis an die Peene nebst den Inseln Usedom
und Wollin (gegen 2 Mill. Taler), Dänemark das Gottorpsche Schleswig; Nutzland
erhielt Livland, Estland, Jngermanland und Ostkarelien. A u g u st II. wurde als
König von Polen anerkannt und Leszczynski mit dem Königstitel und einer Geld¬
entschädigung abgefunden.
5. Ergebnis. Schweden verlor die Ostseeprovinzen (mit Ausnahme
Finnlands) und die deutschen Besitzungen bis auf Wismar und Vorpommern
nördlich der Peene. Dadurch schied es aus der Reihe der Großmächte aus
und sank zu einem Staat zweiten Ranges herab. An Schwedens Stelle wurde
Rußland die nordische Großmacht; mit ihm trat das Slaventum sieg¬
reich ans den Schauplatz der Geschichte. Was Hannover und Preußen
gewannen, gewann Deutschland, das die Verfügung über die Oder-,
Elbe- und Wesermündung wieder in die eigene Hand bekam.
Peters d. Gr. Ausgang. Nach der Beendigung des Nordischen Krieges voll¬
endete Peter den Ausbau der absoluten Zarenmacht. Er nahm den Titel „Kaiser
und Selbstherrscher aller Reußen" an, hob die Patriarchenwürde auf und errich-
1721 tete als oberste Kirchenbehörde den Hl. Synod, dessen Mitglieder der Kaiser
ernannte. Somit standen Kirche und Staat unter dem gleichen Regiment (Cäsaro¬
papismus). — Die wirtschaftliche und geistige Hebung des Landes durch Anlage
von Kanälen, Häfen, Fabriken, Errichtung von Schulen u. dgl. wurde fortgesetzt.
1716/17 Eine zweite Studienreise hatte den Kaiser bis nach Paris geführt. Peters ältester
Sohn A l e x e i, der als Haupt der altrussischen Partei mit den Neuerungen un¬
zufrieden war, starb im Gefängnis. Durch einen „Ukas" (Erlaß) sprach endlich
Peter dem jewelligen Herrscher das Recht zu, seinen Nachfolger zu bestimmen.
11725 Dann schied er, 52 Jahre alt, unerwartet aus dem Leben.
Die Ereignisse zur Zeit Kaiser Karls VI. (bis 1740).
Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts kennzeichnet sich durch die aus¬
gesprochenste Kabinettsregierung, d. h. die Regierung geschah grundsätzlich
vom fürstlichen Kabinett aus. Dazu war sowohl die innere als die äußere