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II. Natur — Kultur — Kunst.
Maulbeerbäumen und dunklen Zypressen hin. Die Dörfer und Häuser
sind von Stein und flachem Dach erbaut. Am Ende der Bucht zeigt
sich nun Smyrna, welches amphitheatralisch an den hinterliegenden
Bergen emporsteigt. Unten am Meere hinter den Schiffen erkennt
man zuerst eine große Kaserne, eine Batterie, mehrere Moscheen und
links die Frankenstadt mit steinernen Gebäuden. In zweiter Region
zeigt sich die eigentlich türkische Stadt. Wenn eine Handvoll kleiner
roter Häuser, einige Moscheen und Fontänen vom Himmel auf die
Erde herabfielen, so könnte der Bauplan nicht bunter ausfallen, als
der dieser Stadt. Man erstaunt, daß man noch Wege und Fußsteige
durch die Häusermasse findet. Hoch über das Ganze ragt das alte
Schloß oder die Festung von Smyrna, welche in der fernsten Vor¬
zeit erbaut ist, und welche die Türken jetzt verfallen lassen. Ein
Getrümmer auf demselben Hügel wird die Schule des Homer ge¬
nannt. Dahinter erheben sich die blauen Berge Kleinasiens.
Da die Hitze hier sehr groß ist, so eilte ich, mich ganz auf
smyrniotische Art zu kleiden, d. h. in einen weißen Strohhut, wei߬
leinene Jacke und Pantalons, Schuhe und Strümpfe. Die Leute
sind hier so gescheit, diesen Anzug während des Sommers selbst in
Gesellschaften nicht zu ändern. Wenn ich dir aber in meinem leichten
Kostüm auf einem Esel-Paßgänger, mit dem Halfterstrick in der einen
und dem Sonnenschirm in der andern Hand begegnen könnte, würdest
du mich wohl kaum erkennen.
Am 3. August, am Geburtstag unseres Königs, machte ich einen
sehr interessanten Ritt auf guten, mutigen Pferden in das Innere des
Landes. Wir erreichten zuerst und noch in der Morgenkühle das
Dorf Kukludscha am Abhange eines Berges, von wo man eine un¬
beschreiblich schöne Aussicht hat. Links die Stadt und die Festung
Smyrna, der Hafen und das Meer bis zum Felsvorgebirge Karaburun,
rechts eines der schönsten und bebautesten Täler, die es gibt. Da
die breite Talsohle vollkommen eben zwischen den hohen, schroffen
Bergen liegt, so zeichnen sich die vielen wagerechten Linien von dunkel¬
grünen Rußbüumen und grauen Olivenreihen zwischen hellgrünen
Feldern und Weingärten überaus schön gegen die gezackten Konturen
der braunen Gebirge ab. Die Vegetation ist hier überaus reich, die
Orangen und Zitronen bilden große Stämme, doch hatten sie im letzten
strengen Winter sehr gelitten. Ich fand hier die Aloe in Blüte, deren
Stengel wenigstens 20 Fuß hoch und armdick ist. Besonders aber ge¬
deiht der Granatbaum; das Dörfchen Rarlykjöi, welches seinen Namen