Allmers: Weihnachtsbilder.
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Das ist alles, was es am Weihnachtsfeste für die Kinder in
Rom gibt. Erst die Heiligen drei Könige bringen hier eine Be¬
scherung, freilich ohne Baum und Lichterglanz. Die Deutschen in
Rom aber halten fest an der herzerfreuenden Heinratsitte des Christ¬
baums, und fehlt auch die nordische Tanne den Bergen rmd Hainen
Hesperiens, so nimmt man dafür des Landes dunkelbelaubten
Lorbeer.
Auch die hohen Räume des Palastes Poli an der brausenden
Fontana di Trevi, in welchen der deutsche Künstlerverein sein Lager
aufgeschlagen hat, erhellt alljährlich ein lichtstrahlender und orangen¬
geschmückter Lorbeer von stattlichster Größe. Der Künstlerverein
selbst aber ist ein wahres Stück Vaterland mitten in Ron: und das
Zentrum aller Geselligkeit unserer Landsleute. Seit länger als
dreißig Jahren besteht er und hat schon manch herrliches und poesie¬
volles Fest gegeben. Er steht unter dem Protektorate des österreichischen
Gesandte::, und obwohl die Künstler ihn gegründet und ihm stets
sein Hauptgepräge verleihen, kann doch auch jeder andere Mitglied
werden, der nur deutschen Stammes und deutscher Zunge ist.
Eine schöne Christfeier war es auch, die der Verein an jenem
Weihnachtsfeste beging, welches ich in Rom erlebte. Herzerfreuend
schon war es anzusehen, mit welchem Eifer die Vorbereitungen dazu
betrieben wurden, wie jung und alt, Männer von Rang und Namen
wochenlang allabendlich in Hemdärmeln in verschlossener Stube bei¬
einander saßen, emsig pappend, kleisternd, pinselnd, ausschneidend
und vergoldend; galt es doch nichts weniger, als den großen Be¬
scherungssaal mit dem Aufwand aller märchenhaftesten Phantastik in
ein strahlendes Zaubergemach umzuwandeln; denn auch die Familien
der Vereinsmitglieder sollten diesmal teilnehmen. Als endlich alles
bereit war und der Heilige Abend heranrtickte, nahm zuerst ein fast
dunkler Saal die harrende Versammlung auf. Vor einer ver¬
schlossenen Türe wartete man wohl eine halbe Stunde lang, bis
alles, groß und klein, sich eingefunden hatte. Es ward ein Zeichen
mit einer Glocke gegeben, eine freudige, ahnungsvolle Stille trat
ein, und plötzlich erklangen drinnen die ernsten Akkorde einer Phys-
harmonika, aus denen sich eine alte wunderschöne Melodie entfaltete.
Sie schwieg jetzt, aber bald ertönte anstatt ihrer die vierstim¬
mige Weihnachtshymne von Bach, und in demselben Augenblick taten
sich langsam die Türflügel auseinander, und der stille, feierliche
Glanz eines hohen Transparentbildes leuchtete in den: dunkeln