Full text: Darstellung der allgemeinen Verhältnisse und Erscheinungen der Völkerkunde (I)

4 Abschn. 1. Physiologische Mannigfaltigkeit und Einheit des Menschen. 
Wenn wir sonach die Menschennatur, in bcr Gesammt¬ 
heit ihrer Erscheinungen, füglich mit einem reich belanbten 
Baume vergleichen mögen, der seine Äste und Zweige allsei¬ 
tig, hoch hinauf, von der Wurzel, mit der er im Boden haf¬ 
tet, bis zum Wipfel, mit dem er die Sonne grüßt, ausge¬ 
breitet und ans ihnen einen unüberschaulichen Reichthum von 
Blüthen und Früchten entfaltet hat: so drängen sich dem Be¬ 
schauer, der es versucht, das wundervolle Gewächs in der 
ganzen, ungetheiltcn Fülle seines Seyns aufzufassen, unwill- 
kührlich mehrere Reihen gewichtiger Fragen auf, an deren 
Beantwortung die höchsten und die tiefsten Bestrebungen des 
menschlichen Geistes geknüpft sind: Wie ist die Beschaffen¬ 
heit dieses Baumes, — welches sind seine Organisationsge¬ 
setze, seine Lebcnsbcdingnngcn? — Wo wurzelt er, — wie 
uud wohin, nach welchen Gesetzen hat er seine Zweige ver¬ 
breitet, seine Blüthen, seine Früchte entfaltet? —- Woher 
stammt er, — welches ist die Geschichte seines Keimens und 
Wachsens, seines Aufblühens und Fruchttragens? — Wozu 
ist er bestimmt, — welches ist der Zweck seines Daseyns im 
Ganzen und Großen, wie in der Mannigfaltigkeit seiner ein¬ 
zelnen Erscheinungen? — In diesen unmittelbar und unge¬ 
sucht sich aufdrängenden Fragen, deren Reihenfolge von dem 
Standpunkte bedingt wird, den der Beschauer gewählt hat, 
deren Mannigfaltigkeit aber den dargebotenen Stoff keineswc- 
ges erschöpft; in diesem Wie? — Wo? — Woher? — 
Wozu? — und ihrer Beantwortung liegt die Aufgabe des 
Physiologen, des Geographen, Historikers und Philosophen, 
deren Lösung von dein einen oder dem andern bisher mit 
verschiedenem Glücke versucht worden ist. Und wiewohl kei¬ 
ner unter ihnen sich mit der einseitigen Erforschung einer 
dieser Fragenreihcn begnügen darf, ohne seine Bestrebung zu 
beeinträchtigen; wiewohl jeder derselben zur genügenden Bear¬ 
beitung seines Stosses helfender Fingerzeige der Mitforscher 
wesentlich bedarf: so leuchtet doch auch die Nothwendigkeit 
ein, diejenige Betrachtungsweise festzithalten, die der einmal 
gewählte Standpunkt erheischt. — 
Wenden wir uns somit, — die weitere Ausführung die-
	        
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