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gewordene Boden und die umgestürzten Baumstämme gestatteten den Römern
nur unsichere Schritte. Desto mutiger waren die Deutschen. Aus jedem Busche
drangen sie hervor, von jedem Baume schossen sie Pfeile ohne Zahl auf die er¬
schrockenen Römer herab. Erst die Nacht machte dem wütenden Kampfe ein
Ende. Aber nicht lange konnten die ermatteten Römer ruhen: das Kriegsgeheul
der Deutschen schreckte sie schon vor Tagesanbruch auf und trieb sie weiter.
Endlich erreichten sie ein offenes Feld. Ta stehen in dichten Scharen die Deulschen
zum Kampfe geordnet. Mit Ungestüm dringen sie in die Reihen der Römer ein,
und vor ihnen sinken die Feinde wie Halme zur Erde. Als Varus sah, daß
alles verloren war, stürzte er sich verzweiflungsvoll in sein eigenes Schwert.
5. Oach der Schlacht. Schrecklich war die Niederlage der Römer. Die
meisten lagen erschlagen am Boden. Die Lebenden gerieten größtenteils in die
Gefangenschaft.
Hier harrte ihrer ein schreckliches Los. Die Anführer wurden den Göttern geopfert.
Den römischen Richtern riß man die Zunge aus und rief dazu: „Nun zische, Natter, wenn du
kannst!" Andere Gefangene wurden zu den niedrigsten Sklavendiensten gezwungen, und
„mancher Römer aus ritterlichem Hause alterte bei einem deutschen Bauer als Hausknecht
oder Herden hüt er."
Die Römer fürchteten einen Angriff auf ihr Reich. Aber die deutschen
Krieger dachten nicht an Eroberungen. Sie säuberten das Gebiet bis zum Rhein
von den Römern und kehrten dann friedlich an ihren Herd zurück.
3. ^rreckttche Beziehungen zwischen Deutschen und Römern.
1. Oie römischen Grenzlande. Die Römer schoben später die Grenzen
ihres Reiches bis über den Rhein und die Donau vor und befestigten sie
durch einen gewaltigen Grenz wall, der von der Mündung der Lahn über
den Taunus und den Main und von da erst in südlicher, dann in östlicher
Richtung bis zur Altmühlmündung an die Donau ging. An einigen Stellen
bestand diese Grenzwehr aus einer Mauer, an anderen aus Erdwall und
Graben. In geringen Entfernungen voneinander befanden sich Wacht-
Häuser; wichtige Übergänge sicherten Burgen. Eine derselben, die Saalburg
auf dem Taunus, hat Kaiser Wilhelm II. wieder aufbauen lassen. Die Gegend
zwischen diesem Grenzwall und dem Rhein und der Donau überließen die Römer
gallischen Ansiedlern gegen Entrichtung des Zehnten (daher Zehntland). Im
Zeh nt land entstanden Städte wie Wiesbaden und Baden. Bei den römischen
Standlagern am Rhein und an der Donau siedelten sich viele Eingeborene als
Kolonisten an. Auf diese Weise entstanden die Städte Eöln, Koblenz, Bonn,
Mainz, Worms, Straßburg, Augsburg, Regensburg und Wien. So entwickelte sich
im Grenzlande ein blühendes Leben wie im römischen Reiche. Die Befestigungen
und das Zehntland sicherten die Römer gegen plötzliche Überfälle der Germanen.
2. SinflulZ der Dörner auf die Deutschen. Die Berührung mit
den Römern war für die Deutschen von großer Bedeutung. Biele deutsche
Jünglinge nahmen Dienste bei den Römern und gelangten im Heer und als
Beamte bis in die höchsten Stellen. Sie lernten im römischen Waffenrocke die
Welt kennen. Nach ihrer Rückkehr erweckten sie durch ihre Erzählungen bei ihren
Volksgenossen Sehnsucht nach dem sonnigen Italien. Ein lebhafter Handel