Full text: Anfangsgründe der Mathematischen Geographie für mittlere und obere Klassen der Gymnasien

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§. 77. Die Kenntniß der (§. 74 — 76) beschriebenen 
Entwerfungs-Arten wird hinreichend sein, um alle in den 
neueren Zeiten erschienenen Land, Karten gehörig zu 
verstehn und zu gebrauchen. Wir wollen nun noch Eini¬ 
ges von den pcrspcctivischen Projectioncn hinzufügen. 
Dieselben werden zwar jetzt aus guten Gründen bei 
Landkarten nur selten gebraucbt. Allein theils wegen 
der altern Karten, und besonders wegen der Stern¬ 
karten, wofür die perspectivische Abbildung allerdings 
vor allen den Vorzug verdient, ist es nothwendig, einen 
Begriff davon zu haben. — 
Man denke sich das Auge des Beobachters an irgend 
einer bestimmten Stelle, von wo aus er die vor ihm liegenden 
Gegenstände betrachte. Zwischen dem Auge und den Ge¬ 
genständen befinde sich eine durchsichtige Tafel (eine Glasta¬ 
fel) aufgerichtct, und von allen Punkten der sichtbaren 
Gegenstände werden gerade Linien nach dem Auge gezogen. 
Jede dieser Linien wird die Glastafel schneiden; und 
der Punkt, wo dieses geschieht, heißt der perspectivische 
Ort des sichtbaren Punktes, wovon die Linie ausgeht. 
Verbindet man die perspectivischen Oerter aller Punkte 
durch eine zusammenhängende Linie, so wird der An¬ 
blick des dadurch auf der Tafel entstehenden Bildes, oder 
Umrisses, in dem Auge die nämliche Empfindung, wie 
der Anblick des Gegenstandes selbst, Hervorbringen. Von 
allen Punkten eines Gegenstandes gehn nämlich nach al¬ 
len Richtungen Lichtstrahlen aus, und nur dann, wenn 
diese das Auge treffen, wird der Gegenstand für uns 
sichtbar, welches, wie die Optik zeigt, dadurch geschieht, 
daß sich auf dem Hintergrund des hohlen Augapfels 
(der Netzhaut) ein Bild des Gegenstandes, und zwar in 
umgekehrter Stellung, darstellt. Wir erkennen also durch 
das Auge die Gegenstände nicht unmittelbar, sondern 
der Oberfläche der Erde, deren Breiten 10° und 60° 
senen, und deren Längen - Unterschied 120° betrage. Für 
diese wäre die wahre Entfernung auf der Kugelfläche et¬ 
wa 1432, und die Entfernung auf einer nach der so 
eben erklärten Methode verzeichneten Karte 1406 deutsche 
Meilen, so daß der Fehler 26 Meilen, oder etwas weni¬ 
ger als zwei Procent der ganzen Entfernung, betrüge; 
welches für zwei Punkte, die in Breite und Länge so sehr 
verschieden sind, wie die hier gewählten, nur sehr wenig ist.
	        
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