89
Meinung ist die: Zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre
seiner Nation ist keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu!
Hat mir Gott wirklich etwas mehr als gewöhnlichen Geist eingehaucht,
der unter Deiner Pflege denken lernte, wo ist der Augenblick, wo ich
ihn mehr geltend machen kann? Eine große Zeit will große Herzen,
und fühl' ich die Kraft in mir, eine Klippe sein zu können in dieser
Völkerbrandung; ich muß hinaus und dem Wogensturm die mutige
Brust entgegendrücken. Soll ich in feiger Begeisterung meinen siegen¬
den Brüdern meinen Jubel nachleiern? Soll ich Komödien schreiben
auf dem Spotttheater, wenn ich den Mut und die Kraft mir zutraue,
auf dem Theater des Ernstes mitzusprechen? Ich weiß, Du wirst
manche Unruhe erleiden müssen, die Mutter wird weinen. Gott tröste
sie! Ich kann's Euch nicht ersparen. Des Glückes Schoßkind rühm'
ich mich bis jetzt; es wird mich jetzo nicht verlassen. Daß ich mein
Leben wage, das gilt nicht viel; daß aber dies Leben mit allen
Blütenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude geschmückt ist,
und daß ich es doch wage, daß ich die süße Empfindung hinwerfe, die
mir in der Überzeugung lebte, Euch keine Unruhe, keine Angst zu be¬
reiten, das ist ein Opfer, dem nur ein solcher Preis entgegengestellt
werden darf. Dein Theodor.
2^. Friedrich Rückert. 2^
73. Aus den „Geharnischten Sonetten".
a.
1. Frau'n Preußens, nehmt für eure Opfergaben
das Opfer an des Lieds, das ich euch bringe,
ihr, die ihr gabt vom Finger eure Ringe,
sowie ihr gabt vom Busen eure Knaben
2. dem Vaterland! In Erzschrift sei gegraben
eu'r Preis, daß ihn kein Mund der Zeit bezwinge!
Des Ruhms, den eurer Männer blut'ge Klinge
erfechten wird, sollt ihr die Hälfte haben.
3. Denn wenn sie selbst im Sturm des Feindes Wunden
erbeuteten, so habt ihr mit dem Kleide
von euren Schultern ihnen sie verbunden;
4. und wenn der Freiheit Tempel aus dem Leide
neu steigt durch sie, so soll's die Welt erkunden,
daß, ihn zu schmücken, ihr gabt eu'r Geschmeide.