Full text: Anfangsgründe der Mathematischen Geographie für mittlere und obere Klassen der Gymnasien

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her die absolute Bewegung von der relativen wohl un¬ 
terscheiden. Hat man z. B. eine Menge von Körpern, 
deren Punkte alle nach parallelen Richtungen und mit 
gleichen Geschwindigkeiten fortgehen, so haben dieselben 
gegeneinander gar keine Bewegung, oder sie sind in re¬ 
lativer Ruhe. Ueberhaupt wird die relative Bewegung 
derselben gegeneinander blos von dem Unterschiede ihrer 
absoluten Bewegungen abhangen, so daß sie gegen einen 
Punkt ganz verschieden von der gegen einen andern scyn 
kann. So haben wir z. B. im vorigen Abschnitt gehört, 
daß man die Bewegung der Sonne gegen einen Beo¬ 
bachter auf der Erde wohl von der gegen die Firsterne 
unterscheiden muß. Die Firsterne haben nämlich die Be¬ 
wegung wodurch die Sonne täglich auf- und untergeht, 
mit derselben gemeinschaftlich. Sie unterscheidet sich von 
den Firsternen nur dadurch, daß sie ihren täglichen Weg 
theils etwas langsamer abmacht, als die Firsterne, theils 
dabei sich dem Aequator entweder nähert, oder davon 
entfernt. Ihre tägliche Bewegung gegen die Firsterne 
ist also ein Bogen eines größten Kreises, welcher nicht 
mit dem Aequator parallel ist, sondern denselben schief 
schneidet. Ganz verschieden hiervon ist aber die Bewe¬ 
gung der Sonne gegen einen Beobachter auf der Erde. 
Sie beschreibt nämlich in Beziehung auf diesen eine 
Schraubenlinie, indem sie gerade, wie der Endpunkt ei¬ 
ner Kurbel, womit eine Schraube umgedreht wird, im 
Kresse hcrumgeht, und zugleich parallel mit der Achse 
der Schraube fortgeht. Da wir nun überhaupt die Be¬ 
wegung eines Körpers nur an der Veränderung seines 
relativen Orts erkennen, so ist cs oft schwer genug zu 
entscheiden, welcher von den Körpern, die ihren relati¬ 
ven Ort ändern, wirklich in Bewegung ist. Die tägliche 
Erfahrung lehrt uns eine Menge von Fällen kennen, 
wo wir glauben, die umgebenden Körper bewegen sich 
gegen uns, obschon wir eigentlich selbst in Bewegung 
sind. Wenn wir z. B. über einen Strom fahren, so 
scheint das jenseitige Ufer mit allen darauf befindlichen 
Gegenständen auf uns zuzukommen. Die Täuschung ent¬ 
steht hier dadurch, daß, weil wir ganz und gar keine 
Anstrengung um uns zu bewegen machen, wir uns un¬ 
serer eigenen Bewegung nicht bewußt sind, also die ver-
	        
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