Das Paderbornsche.
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von Schluchten an Willebad essen vorüber, wo wir uns be¬
reits 1000 Fuß hoch über der Nordsee befinden, bis wir bei
Neuenheerse, einem alten Frauenstifte, die höchste Höhe erreichen,
welche überhaupt eine Eisenbahn im Königreiche Preußen überstiegen
hat. Sie beträgt 1200 Fuß. An manchen Stellen wurde die Bahn
durch Felsen gesprengt, an anderen wurden hohe Dämme aufgeschüt¬
tet, riesige Brücken gebaut, oder ein schwindelnder Weg an steilen
Bergabhängen hin geleitet. Von den Höhen aus hat man einen
freien Blick auf das schöne Land, welches sich von dem Eggege¬
birge bis an die Weser hin ausbreitet. Tief unten an dem Ufer
dieses Stromes liegt das alte ehrwürdige Kloster Korvei und die
Stadt Höxter. Die alte Abtei von Korvei bildet ein großes aus
Bruchsteinen gebautes Quadrat: in dem Saale sind die Bilder der
Aebte aufgehängt, welche dem Kloster während seines lOOOjährigen
Bestehens vorgeftanden haben. Eine schöne Buchenallee führt vom
Kloster nach Höxter, welches seinen Ursprung Corvei verdankt; später
wurde es durch Handel mächtig und reich, aber im 30jährigen Kriege
wurde es zerstört, und viele seiner Einwohner kamen ums Leben.
Hart am Teutoburger Walde liegt der freundliche Badeort
Driburg. Die Heilquelle ist von scharfem säuerlichen Geschmack,
wohlschmeckend und enthält viel Kohlenstoff, Salz- und Eisentheile.
Von Neuenheerse an, wo die Bahn den Osning überstwgen
hat, geht es nun bergab über lange Ueberbrückungen von Thälern
nach Paderborn.
Die Gegend ist flacher und nicht mehr so schön, wie die im Ge¬
birge. Aber doch find die weiten Getreidefelder in allen Richtungen
von Waidstrecken, breiten Angern, kahlen Höhen und Thalgründen
mit hellen Bächen durchkreuzt. Statt der einzeln liegenden Bauern¬
höfe des Münsterlandes giebt es hier nur dicht zusammengebaute
Dörfer, deren Dächer aus Obstbäumen und Linden hervorsehen. Die
Bauerngüter sind kleiner als im übrigen Westphalen, auch die Pferde
und das Rindvieh nicht so schwer und stark. Der Boden dagegen
ist fruchtbar, viel Getreide wird in das Sauerland ausgeführt
und auf der Weser verschifft. In den Gärten sieht man viele
Bienenstöcke, besonders bei Paderborn aufgestellt. Die Bewohner
spinnen und weben auch fleißig und bauen Flachs und Hanf, flechten
Körbe und machen Holzschuhe. Aber obgleich das Land so gesegnet
ist, so giebt es doch nirgends so rauchige Dörfer und armselige Hüt¬
ten als hier. Der Paderborner hat die eigne Neigung, möglichst
zeitig seinen eignen Hausstand zu begründen, ohne ein anderes Ka¬
pital als die 4 Arme zu haben. Das übereilte Heirathen hat dem
Lande viel arme Leute gebracht.
Paderborn ist einer jener alten Bischofssitze, welche Karl der
Große im alten Sachsenlande als Pflanzschulen des Christenthums
errichtet. Es war an den zahlreichen Quellen der Pader, wo er