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Buch Vili. Europa. Cap. I. Allgemeine Uebersichten.
Mekka eine Zeitlang fest. Aber Mehemcd Ali von Aegypten und sein Sohn
Ibrahim Pascha haben in siebenjährigem Kampfe bis 1818 ihre Macht ge¬
brochen und Dera'aijeh zerstört.
Buch VIII. Europa.
Cap. I. Allgemeine Uebersichten.
73. Name und Entdeckungsgeschichte. Wann und von welchen Völkern uns-r
Erdtheil zuerst besiedelt ist, darüber schwebt ein wohl nie zu losendes Dunkel. Wir wisse»
nicht, welches Stammes die Volker waren, deren Reste in den Hünengräbern oder in den
Pfahlbauten der mitteleuropäischen Seen und Fluhuser gefunden werden. Daß die seht
Europa bevölkernde» Nationen größtentheils aus Asien herübergekommen sind, beweisen Ihre
Sprachen. Einige von ihnen sind über Kleinasien gekommen; so die Griechen und vielleicht
die Celten und italischen Völker. Andere durch das große Bölkerthor zwischen Ural und
Kaukasus; so die Germanen und Slaven. Andere über den Ural; so die sinnischen Stämme.
Die älteste Bevölkerung Spaniens, die Iberer, scheint von Afrika gekommen zu sein. — Das
älteste Culturvolk, welches mit Europa zu thun hatte, waren die Phönicier. Sie haben
auch wahrscheinlich dem Erdtheile seinen Namen gegeben. Ereb bedeutet soviel als Dunkel,
Westen. Europa war ihnen also daS Westland, der Occident, etwa wie später die Griechen
erst Italien und dann Spanien mit dem Namen H eS p eria bezeichneten. Von ihren Küsten
auö befuhren sie, sicher mit der Anlage von Colonie» weiterschreitcnd, das Mittelmeer. Cyprrn,
Rhodos. S i c i li e» (Er y x), Sardinien sind Stationen dieses Vorüekens. Ihre
wichtigste Entdeckung war die gold- und silberreiche spanische Halbinsel, an deren Küsten
sie Colonien anlegten, die noch heute die aliphönicischen Namen führen z. B. Malaga,
Tortosa (—T artessuS, Tarschisch). Selbst die Straße von Gibraltar (Säulen des
MelikertheS, Hercules) hielt sie nicht zurück, und der Oeean (Ogen, ein phbnicischeS
Wort) zeigte ihnen das Wunder der Ebbe und Fluth. Gadir (Cadiz) wurde hier ihre
erste Niederlassung, von wo auö sie ihre Fahrten bis nach Britannien (Ka ssi ter i d en)
fortseßtcn, um von dort daS Zinn zu holen, welches sie mit den Kupfererzen von Chpern
und Sarepta zur Herstellung ihrer Broncefabrikate bedurften, und welches sie früher aus In¬
dien bezogen hatten. Der Bernstein, der schon in den ältesten Zeiten aus dem Wege des
Landhandels bis nach Südeuropa kam - eine Bernstcinstraße führte vom Rhein zur Rhone
und so zum Mittelmeer, eine zweite längs der Oder und March zur Donau und von da
durch die östlichen Ausläufer der Alpen zum Lande der Veneter am Adriatischen Meere —
wurde von ihnen in seiner Heimat an der Nordseeküste aufgesucht. (Die friesischen Inseln dieser
Küste lieferten einst große Massen davon). Möglicherweise sind sie auch bis an die Bernstein¬
küste der Ostsee vorgedrungen. An den phönicischen Handels- und Entdeckungözügen nahmen
die Karthager Antheil. DaS innere von Spanien wurde besonders durch sie erschlossen
in dem Zeitraume zwischen dem ersten und zweiten punischen Kriege. Noch heute erinnern
Slädtenamen wie Cartagena, Tarragona, Barcelona an diese Zeit. — Den Phöni-
eirrn folgten die Griechen. Der Argonautenzug, eine Freibeutersahrt nach dem gold¬
reichen Ko Ich iS eröffnete daS Schwarze Meer, und an den dorthin führenden Straßen,
so wie an seinen Küsten wurden zahlreiche Colonien angelegt, welche das (indo-curopäische)
Nomadenvolk der Skythen (Tschuden?) mit griechischen Fabrikaten versorgten. Der
Donaustrom und das innere von Osteuropa erhielten durch den Zug des Dariu S (SIS) ihr
erstes Licht. Aber auch westwärts giengrn sie. KoläuS von SamoS (um 786) wurde
durch einen Ostflurm von der Fahrt nach Aegypten abgelenkt, durchsegelte die sicilische Meer¬
enge und wurde der griechische Entdecker von TartessuS, dessen Silberreichthum nun in
Strömen nach Griechenland floß. Gleichzeitig wurde Süditalien und Sieilien zu eolonisieren
begonnen, und als bei der Eroberung der griechischen Küste Kleinasiens durch KyruS viele der
Griechen, besonders die Pho käer, die Heimat verließen, blüheten jene Töchterstädte herrlich
auf. Wir nennen vor allen Massilia, das heutige Marseille, von wo auS Griechen
und Karthager einen bedeutenden Landhandel nach Nordeuropa trieben. Vor allen Entdeckern
ist hier zu nennen PytheaS anS Massilia (Zeitgenoß Alexanders), der mit astronomischen
Kenntnissen anSgerüstet das nordwestliche Europa bereiste. Er erkannte den Polarkreis, be¬
obachtete die hohen Fluthen der Nordsee und leitete sie von der Bewegung des Mondes ab,
bestimmte die Größe Britanniens, nannte die Insel Thule (Shetländischc Inseln, Färöer
oder Irland?), besuchte S kandinavie» , benannte daS Baltische Meer, und seine
Berichte ergeben sich alS durchaus wahrheitsgetreu. H e r o d o t dagegen hatte sich lange am