Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geographie

56 
seiner Familie, durch die Sündfluth (Sindfluth) vertilgt worden. Von Noah 
wird ausdrücklich bemerkt, er habe sich in Hocharmenien niedergelassen. 
Die nach allen Himmelsgegenden sich ausbreitenden Menschen waren 
in dieser frühen Zeit empfänglicher für äußere Eindrücke, als die Menschen 
es jetzt sind; deshalb mußten sie auch nach und nach bei veränderter Le¬ 
bensweise und kälterem oder wärmerem Klima in der Gestalt und Haltung 
des Körpers, in der Farbe der Haut uud dem Wüchse des Haares, in den 
Eigenschaften des Gemüthes und des Geistes wesentliche Veränderungen er¬ 
leiden. Die Menschen, welche in die kältesten Gegenden gelangten, wurden 
allgemach kleiner; die Bewohner der heißen Zone brauner und schwärzer; 
die Völker der gemäßigten Zone sind heutigen Tages noch die größten. 
Der düstere oder heitere Charakter des Menschen hängt häufig vom 
Klima ab; die düstern drückenden Nebel in England erregen in den Gemü¬ 
thern der Bewohner jene bekannte Gcmüthskrankheit (spieen); der heitere 
Himmel Italiens in Verbindung mit dem üppigen Gefilde muß das Gegen¬ 
theil bewirken. 
Welchen Einstuß die Nahrung auf den Charakter eines Volkes ausübt, 
mögen folgende Beispiele darthun. Die Hindus in Vorderindien, welche 
vorzugsweise von Pstanzenkost leben und sich sogar scheuen, ein Thier zu 
tobten, sind äußerst sanft und gutmüthig. Die Indianer in Nordamerika, 
welche lediglich von dem Ertrage der Jagd, vom Wilde, sich nähren, führen 
unter sich und mit ihren Nachbarn die grausamsten Kriege, skalpiren*) ihre 
Gefangenen, und martern sie elendiglich zu Tode. Viele Wilde fressen die 
Gefangenen. 
Man theilt das ganze Menschengeschlecht nach der Gesichts- und Kopf¬ 
bildung, nach der Hautfarbe, dem Haarwuchs, der Größe rc. in 5 verschie¬ 
dene Racen, welche theils wieder in Nationen oder Völkerschaften zerfallen, 
theils durch gegenseitige Verbindung mancherlei Abarten hervorgerufen haben. 
Diese 5 Menschenracen, welche Prof. Blumenbach schon im vorigen Jahr¬ 
hundert aufstellte, sind: 
1) Die kaukasische Race, durch hohen Wuchs, weiße Hautfarbe, regel¬ 
mäßige Gesichtszüge, starken Haarwuchs, gewölbten Schädel aus¬ 
gezeichnet, bewohnt den größten Theil von Europa, ferner West¬ 
asien und Nordasrika. Die Lappen und Finnen in Nordeuropa 
gehören zur zweiten Race. 
2) Die mongolische Race zeichnet sich durch gedrungenen Wuchs, wei¬ 
zengelbe Hautfarbe, häßliche unregelmäßige Gesichtszüge (das Ge¬ 
sicht ist stach, die Nase eingedrückt, die Backenknochen stehen stark 
hervor, das Kinn tritt heraus, die Augen sind klein, weit und 
schief auseinanderstehend), durch steifes, dünnes Haar, rundlichen 
Kopf aus. Sie bewohnt das nördliche und östliche Asien, die 
Polargegenden von Europa, Asien und Amerika, sowie Grön¬ 
land. Das berühmteste Volk dieser Nace ist das der Chinesen in 
Ostasien. 
3) Die äthiopische Race (Neger) zeigt einen hohen, wohlgebildeten Wuchs, 
glänzend schwarze Hautfarbe, plumpe Gesichtszüge (die Nase ist 
') d. h. die Kopfhaut abziehen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.