Full text: Lehrbuch der Geographie

258 
Erster Abschnitt. 
renzen in der Fastenzeit, oder auch beim Gottesdienst an gewöhnlichen Tagen die 
Kirchen, an den Nachmittagen die Kirchhöfe zu besuchen, endlich die genauen, sorg¬ 
fältigen Berichte über den Verlauf von großen Volksfesten, von revolutionären Er¬ 
hebungen und Volksaufläufen zu lesen, um sich einen allgemeinen Begriff von dem 
Leben in Paris und dem Charakter und Wesen des Parisers zu machen. Der Pa¬ 
riser — denn seinen Todten bewahrt er eine rührende Anhänglichkeit und Er¬ 
innerung — ist im Stande, den Pore Lachaise zu besuchen, Blumen und andere 
Zeichen der Liebe auf das Grab eines Angehörigen zu pflanzen, Thränen der Rüh¬ 
rung und der Trauer über dessen Verlust zu vergießen, um alsbald in irgend einem 
auf dem Wege liegenden Vergnügungslokale sich allmälig der tollsten Lustigkeit zu 
überlassen. 
Zum Schluffe fügen wir noch über das geschäftliche Paris bei, daß es 
zahlreiche Fabriken, insbesondere in allen möglichen Luxusartikeln hat, dann mehre 
Banken, Börse, Handelskammer, Handelsgericht, Assekuranz- und Actiengesellschaften 
für Handels- und industrielle Unternehmungen, Eisenbahncompagnien, Handels-, 
schulen u. dgl. 
Andere oft genannte Oerter in dieser Provinz sind: St. Germain en 
Laye, Montmorency, Passy, Melnn, Beauvais, Clermont (mit dem 
Beinamen en Beauvoisis), Compiegne, woran ein großer und schöner Wald stößt, 
Soissons (eLugrwta Suessonum) an der Aisne, Dreux, Chantilly u. a. 
2. Die Normandie, nordwestlich von Paris zu beiden Seiten der Seine 
hat ihren Namen von den Normannen, welche im 10. Jahrhundert unter 
ihrem Führer Rollo hier landeten, vom Könige Carl dem Einfältigen von 
Frankreich dieses Land zu Lehen empfingen und von hieraus unter Wilhelm 
dem Eroberer 1066 nach England kamen. Die Provinz ist sehr fruchtbar, 
besonders werden Obstbau und Rindviehzucht betrieben. 
Hst. Rouen (Rotomagu8') (103,000 E.), an der Seine, ist der Sitz eines Erz¬ 
bischofs hat eine große Kathedrale, einen guten Hafen, bedeutenden Handel und Fa¬ 
briken; die Bildsäule der hier 1431 verbrannten Jungfrau von Orleans steht auf ei¬ 
nem öffentlichen Platze. Havre de Grace (75,000 E.) mit gutem Hafen, steht 
durch regelmäßige Schifffahrt in lebhaftem Verkehr mit Nord-Amerika und Austra¬ 
lien. Caen (42,000 E.), hat eine Universität und Fabriken; an der Küste sind be¬ 
deutende Austernbänke. Cherbourg (40,000 E.) hat bedeutenden Kriegshafen, an 
dessen Befestigung und Vollendung bis in jüngster Zeit gearbeitet ist und Schiffswerfte. 
Im S.O.zipfel der Normandie la Trappe, das Stammkloster des strengen Trappi- 
sten-Ordens. Dieppe, Seestadt; Älen hon mit wichtiger Industrie und Handel 
in Getreide, Apfelwein, Leinwand, Federn, Pferden und Mastvieh. Bemerke noch: 
Evreux, Bayeux, Coutances, Anmale, NeufchLtel u. a. 
3. Die Picardie, nördlich von Paris am britischen Kanal, von der 
Somme durchflossen; die Bewohner sind lebhaft und sehr thätig, einfach und 
gutmüthig, aber wenn sie gereizt werden, gefährlich. 
Hst. Amiens (58,000 E.), eine Festung; hat einen schönen Dom und 
bei der Stadt ein Trappistenkloster. Peter von Amiens war Prediger des ersten 
Kreuzzuges. S. Valery am Ausflusse der Somme ins Meer. Ham Staatsgefäng¬ 
niß. Crecy bekannt durch den Sieg Eduard HI. von England über die Franzo¬ 
sen unter Philipp v. Valois 1346.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.