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Erster Abschnitt.
renzen in der Fastenzeit, oder auch beim Gottesdienst an gewöhnlichen Tagen die
Kirchen, an den Nachmittagen die Kirchhöfe zu besuchen, endlich die genauen, sorg¬
fältigen Berichte über den Verlauf von großen Volksfesten, von revolutionären Er¬
hebungen und Volksaufläufen zu lesen, um sich einen allgemeinen Begriff von dem
Leben in Paris und dem Charakter und Wesen des Parisers zu machen. Der Pa¬
riser — denn seinen Todten bewahrt er eine rührende Anhänglichkeit und Er¬
innerung — ist im Stande, den Pore Lachaise zu besuchen, Blumen und andere
Zeichen der Liebe auf das Grab eines Angehörigen zu pflanzen, Thränen der Rüh¬
rung und der Trauer über dessen Verlust zu vergießen, um alsbald in irgend einem
auf dem Wege liegenden Vergnügungslokale sich allmälig der tollsten Lustigkeit zu
überlassen.
Zum Schluffe fügen wir noch über das geschäftliche Paris bei, daß es
zahlreiche Fabriken, insbesondere in allen möglichen Luxusartikeln hat, dann mehre
Banken, Börse, Handelskammer, Handelsgericht, Assekuranz- und Actiengesellschaften
für Handels- und industrielle Unternehmungen, Eisenbahncompagnien, Handels-,
schulen u. dgl.
Andere oft genannte Oerter in dieser Provinz sind: St. Germain en
Laye, Montmorency, Passy, Melnn, Beauvais, Clermont (mit dem
Beinamen en Beauvoisis), Compiegne, woran ein großer und schöner Wald stößt,
Soissons (eLugrwta Suessonum) an der Aisne, Dreux, Chantilly u. a.
2. Die Normandie, nordwestlich von Paris zu beiden Seiten der Seine
hat ihren Namen von den Normannen, welche im 10. Jahrhundert unter
ihrem Führer Rollo hier landeten, vom Könige Carl dem Einfältigen von
Frankreich dieses Land zu Lehen empfingen und von hieraus unter Wilhelm
dem Eroberer 1066 nach England kamen. Die Provinz ist sehr fruchtbar,
besonders werden Obstbau und Rindviehzucht betrieben.
Hst. Rouen (Rotomagu8') (103,000 E.), an der Seine, ist der Sitz eines Erz¬
bischofs hat eine große Kathedrale, einen guten Hafen, bedeutenden Handel und Fa¬
briken; die Bildsäule der hier 1431 verbrannten Jungfrau von Orleans steht auf ei¬
nem öffentlichen Platze. Havre de Grace (75,000 E.) mit gutem Hafen, steht
durch regelmäßige Schifffahrt in lebhaftem Verkehr mit Nord-Amerika und Austra¬
lien. Caen (42,000 E.), hat eine Universität und Fabriken; an der Küste sind be¬
deutende Austernbänke. Cherbourg (40,000 E.) hat bedeutenden Kriegshafen, an
dessen Befestigung und Vollendung bis in jüngster Zeit gearbeitet ist und Schiffswerfte.
Im S.O.zipfel der Normandie la Trappe, das Stammkloster des strengen Trappi-
sten-Ordens. Dieppe, Seestadt; Älen hon mit wichtiger Industrie und Handel
in Getreide, Apfelwein, Leinwand, Federn, Pferden und Mastvieh. Bemerke noch:
Evreux, Bayeux, Coutances, Anmale, NeufchLtel u. a.
3. Die Picardie, nördlich von Paris am britischen Kanal, von der
Somme durchflossen; die Bewohner sind lebhaft und sehr thätig, einfach und
gutmüthig, aber wenn sie gereizt werden, gefährlich.
Hst. Amiens (58,000 E.), eine Festung; hat einen schönen Dom und
bei der Stadt ein Trappistenkloster. Peter von Amiens war Prediger des ersten
Kreuzzuges. S. Valery am Ausflusse der Somme ins Meer. Ham Staatsgefäng¬
niß. Crecy bekannt durch den Sieg Eduard HI. von England über die Franzo¬
sen unter Philipp v. Valois 1346.