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Europa. Oesterreich.
achtserklarung (1256) entrissen worden war, erlosch der Manns¬
stamm des Babenbergischen Hauses und es erfolgte, da Kaiser
Friedrich II. das Herzogthum für ein Erbgut der deutschen Kai¬
ser erklärte, und durch einen Statthalter regieren ließ, das öst¬
reichische Interregnum (1246—1282).
Nach dieser Zeit erhob sich Oestreich erst zu einem bedeu¬
tenden Staate unter der Herrschaft des Hauses HabSburg (1282
—1526), welche unter den Söhnen Kaiser Rudolphs begann und
durch einen Vergleich 1285 in die Hand Albrechts, des ältesten
derselben kam, der 1298 die römische Königskrone erwarb. Un¬
ter diesem Königshaufe hob und vermehrte sich das Ansehen und
die Macht Oestreichs rasch und gewaltig. Tyrol wurde erwor¬
ben, die Besitzungen der Grafen von Feldkirch gekauft, das
Breisgau von den Grafen von Fürsteuberg gewonnen, unter Al¬
brecht V. im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts die Kronen
von Ungarn und Böhmen (1457) mit der deutschen Kaiserkrone
(1458) auf dem Haupte der Herzoge von Oestreich verbunden,
und leztere seit dieser Zeit ununterbrochen bei dem Habsburgisch-
Oestreichischen Hause erhalten. Wohl gierigen Ungarn und Böh¬
men auf eine Zeitlang wieder verloren, aber dennoch stieg der
Besitz Oestreichs, das 1455 zu einem Erzherzogthum erhoben
ward, so bedeutend, das; es durch den Wiedergewinn jener Län¬
der 1526 mit einer Ländermasse von 17,000 lUMeiteu unter die
Zahl der europäischen Monarchien eintrat. Doch minderte sich
dieser Besitz wieder im Laufe der Zeit, und vbschon der zu Ra¬
statt und Baden (1714) erfolgte Beitritt Oestreichs zum Utrech-
tcr Frieden die Niederlande, Mailand, Mantua, Neapel und
Sardinien dem Reiche erwarb, so umfaßte es doch im Anfange
des achtzehnten Jahrhunderts nur noch etwas über 9000H>Meil.
In dieser Zeit erlosch der Mannsstamm der Habsburger,
und Karls VI. mit dem Herzoge von Lothringen vermählte Toch¬
ter Maria Theresia bestieg den östreichischen Thron und wurde
die Stammmutter des Habsburgisch-Lotharingischen Kaiserhauses.
Ihr Gemahl ward als Franz I. (1745) zum deutschen Kaiser ge¬
wählt und harte Kämpfe, besonders mit Preußen, von der gro¬
ßen Kaiserin bestanden, in denen Schlesien verloren gieng,
welchen Verlust sie aber durch die Erwerbung Galiziens, Lodo-
miriens,' der Bukowina und kleinerer Bezirke in Deutschland
sich zu ersetzen wußte. Mit hohem Geiste leitete die heldeumü-
thige Kaiserin die Regierung im Innern, wirkte auf alle Zweige
der Staatsverwaltung segensreich ein und weckte zugleich den
Sinn für eine bedeutende Regentcnthätigkeit bei ihrem Sohne
und Nachfolger Joseph II., die sich unter seiner Herrschaft in
der freien, großartigen, aber nicht aus dem Bedürfniß des Lan¬
des hervorgehenden und seiner Zeit zu sehr voraueileuden Ent¬
faltung reformatorischer Plane kundgab. Unter Josephs Nach¬
folger, Leopold II. wurde Oestreich mittelst der dritten Theilung
Polens durch das westliche Gallizien vergrößert. Aber seit dem
Anfang der Revolutionskriege, welche mit dem Regierungsau-