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sie bewachen diese auch sorgfältig und verteidigen sie tapfer
gegen alle feindlichen Angriffe und wissen durch manche List
die Feinde fern zu halten.
Die Reptilien nehmen es mit den Elternpflichten ziemlich
leicht. Die Väter kümmern sich gar nicht um ihre Nachkommen—
schaft, und die Mütter meinen, allen Ansprüchen nachgekommen
zu sein, wenn sie die Eier an den geeigneten Stellen abgelegt,
vielleicht noch mit Erde bedeckt haben.
Was ist das alles aber gegen die reiche Fülle wunder—
voller Erscheinungen, zu denen die Elternliebe bei den Vögeln
geführt hat! Die meisten schnellbeschwingten Kinder der Lüfte
sind sich ihrer körperlichen Schwäche wohl bewußt, und was
ihnen an Stärke abgeht, suchen sie, wenn die Schnelligkeit
nicht ausreicht, durch Klugheit und List zu ersetzen. Wie
prächtig versteht der Kiebitz den nachstellenden Feind von der
Niststätte abzulenßken! Er umflattert ängstlich schreiend in un—
mittelbarer Nähe den gefürchteten Störer seines häuslichen
Friedens, taumelt zur Erde, als sei er verwundet und kaum
imstande zu fliegen, fordert zur Nachstellung heraus und lockt
so die drohende Gefahr weiter und weiter vom Neste weg.
In ähnlicher Weise verfahren zahlreiche Vögel in den ver—
schiedensten Gegenden der Erde.
Eine andere List wenden die Vögel an, die auf der Erde
oder sonst niedrig nisten. Sie fliegen nicht direkt zum Neste,
sondern auf allerlei Umwegen, wobei sie häufig die letzte
Strecke laufend zurücklegen. Alle diese Sorgen und Kümmer—
nisse dauern nicht bloß ein paar Tage, sondern während der
ganzen, oft ziemlich langwierigen Brütezeit.
Sind die Eltern nun aber schon so besorgt um die Er—
haltung der Eier, so beginnt für sie erst recht eine Zeit der
Sorge, aber auch der Freude, wenn die Jungen den Eiern
entschlüpft sind. Wie sind die Alten entzückt, wenn eines schönen
Morgens das erste Piepmätzchen im Neste liegt; wie zwitschern
sie ihm entgegen in Tönen, die man sonst nicht von ihnen zu
hören bekommt! Ist die kleine Gesellschaft endlich ganz bei—
sammen, welcher Wetteifer entsteht dann bei den Alten in der
Pflege der Jungen! Diese entwickeln einen Appetit, der die