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Nord-Amerika.
seiner Schlafstelle einen Platz an. Er setzte ihnen ein Gericht
frischer Fische und Reiß vor, während ein Haufen Kaluschen sie
durch einen muntern Gesang unterhielt, der eine sehr gefällige
Melodie hatte. Das Innere der Hütte war sehr schmutzig:
der Rauch, der Gestank von Fischen und Thran, der Anblick der
mit Kohlen und Erde beschmierten und durch den Lippenlöffel
entstellten Gesichter war ekelhaft, und ihre stinkenden Pelzkleider
saßen voll Ungeziefer. Wenn sich die Kaluschen den russischen
Niederlassungen mit ihren Kähnen nähern, so stimmen sie einen
Gesang an, und begleiten ihn mit tactmäßigen Ruderschlägen.
Nahe am Lande machen sie Halt, und Einer hält eine lange
Rede, in welcher er um Erlaubniß bittet zu landen. Nach er¬
haltener Erlaubniß treten sie ans Land. Ihre Unreinlichkeit ist
so groß, daß man vor Schmutz ihre eigentliche Hautfarbe gar
nicht erkennen kann. Ein Seefahrer, der bei ihnen ans Land
stieg, und gern wissen wollte, wie sie eigentlich aussähen, brachte
mit vieler Mühe eine Frau dahin, daß sie ihr Gesicht und ihre
Hände abwusch. Zum Erstaunen des Mannes kamen nun rothe
Wangen, und eine ziemlich weiße Haut hervor, die mit der
schmutzigen Erdfarbe des Nackens und Halses einen grellen Con-
trast bildete.
Die Russen betrachten sich als die Herren dieser Küste; doch
leben viele Stämme der Eingeborenen ganz unabhängig, und
zahlen höchstens einen in Fellen bestehenden Tribut. Da die hier
lebenden Russen wegen der großen Entfernung von Petersburg
unter keiner Aufsicht stehen, so erlauben sie sich große Ungerech¬
tigkeiten gegen die Eingeborenen, die zunächst um sie herum woh¬
nen. Am ärgsten ist das auf den Inseln der Fall, wo sich ihnen
die Eingeborenen weniger entziehen können, als auf dem festen
Lande.
Im Lande der Eskimo's merken wir uns den Kotzebue-
su n d. Dies ist der nördlichste Punkt, den man bis jetzt an der
Nordwestküste Amerikas besucht hat. Er befindet sich noch nörd¬
licher als die Behringsstraße, also schon im Polarmeere. Den
Namen führt er von seinem Entdecker Kotzebue. Es ist eine
weite Bai, an deren Ufer Eskimo's wohnen, die noch nie vor¬
her einen Europäer gesehen hatten.
Im Lande der Indianer liegt gleich südlich von der
Halbinsel Alaschka die ziemlich große Insel Kodiak, einer der
Hauptsitze des russisch-amerikanischen Pelzhandels. Die Einwoh¬
ner sind hier Aleuten, deren Zahl aber jährlich mehr abnimmt,
weil sie von den Russen so überaus schlecht behandelt werden.
Gleich nach der Eroberung der Insel nahm man ihnen alle ihre
Habseligkeiten, und machte sie zu Sklaven. Auch jetzt haben sie
kein Eigenthum; selbst die ledernen Baidarken, mit denen sie