Der Freistaat Bolivia.
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Fuß eines Europäers betrat; nirgends sieht man einen Weg.
Große Ströme, Nebenflüsse des Marannon, haben sich allein
Wege durch diese undurchdringlichen Waldungen gebahnt. Hier
ist ein ungeheures Treibhaus der Natur, welche bald durch Hitze,
bald durch Regengüsse und Ueberschwemmungen die Pflanzen in
unbeschreiblicher Fülle aus dem fruchtbaren Boden treibt. Hier
hört man nur das Brausen der Ströme und das Geschrei der
wilden Thiere; für den Menschen, der sich hierhin wagen wollle,
eine ungeheure, furchtbare Oede. Nur hier und da findet man
eine einsam liegende Mission, eine wahre Einsiedelei.
4. Der Freistaat Bolivia.
Dies ist das Land gleich südlich von Peru, das sich von der
Küste der Südsee, (bei der Stadt Arica, gleich südlich vom gro¬
ßen See Titicaca) bis an die Gränze von Brasilien hinzieht.
Was die Natur dieses Freistaats, der sonst wie Peru ein Theil
der spanischen Besitzungen war, betrifft, so können wir nur das
wiederholen, was wir bei Peru und Columbia sagten; die Andes
ziehen nicht weit von der Westküste hin, und einzelne Zweige
dieses Gebirges breiten sich nach Osten zu aus, wo ungeheure
Waldungen unzählige Thiere Herbergen. Vorzüglich reich sind
diese Bergzüge an edeln Metallen, und besonders in früherer
Zeit wurden ganze Schiffe voll Gold und Silber jährlich nach
Spanien geschickt. Jetzt sollen die Bergwerke nicht mehr so er¬
giebig seyn; doch wahrscheinlich liegt nur an der schlechten Be¬
arbeitung die Schuld. Auch hier sind die Einwohner wie in
Peru. Der Eingeborenen werden immer wenigem. Sie leben
meist in dem Innern im Naturzustände, zum Theil ohne Klei¬
dung. Von der neuen Verfassung des Landes ist uns noch we¬
nig bekannt. Die Hauptstadt ist
La Paz (sprich la Paß», ziemlich groß, reinlich und hübsch ger
baut.
Potosi. In seiner Nähe liegen die berühmten Gold; und
Silberbergwerke, die sonst so reiche Ausbeute gaben, daß sie zum
Sprichworts geworden sind. Es befinden sich an und auf dem
silberhaltigen Berge mehr als 300 Bergwerke.
NSsselt'S Geographie. 2te Aufl- HI.
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