Helvetier, oder die Schweiz. 35!) 
daran, daß er überall von hohen, wilden Bergrci'hen durchzo¬ 
gen, und durch andere von den benachbarten Kantonen ge¬ 
trennt wird. Auch wissen wir bereits, daß die drei Bache, 
aus denen der Rhein entsteht, hier entspringen, und daß der 
Inn das lange Thal Engadin durchströmt. Dies Thal, von 
hohen Bergen eingeschlossen, ist auch seiner Einwohuer wegen 
werkwürdig. Im obern Theile desselben nämlich wohnen fast 
lauter sogenannte Schwcizerbacker. Hier sind die Leute zu 
Hause, die unter diesem Namen sich in allen größeren Städ¬ 
ten Deutschlands, Frankreichs, Italiens, ja selbst in Ru߬ 
land und Polen, als Kuchenbäcker niedergelassen haben. Sie 
lernen von Jugend auf kn ihrem Vatcrlande oder auswärts 
die Backkunst und die Kunst, Früchte einzumachen, und haben 
sie sich im Auslande einiges Vermögen erworben, so kehren 
sie in ihr geliebtes Thal zurück. In den übrigen Thälern näh¬ 
ren sich die Einwohner meist mit Alpenwirthschaft. Sie sind 
sehr arm, aber genügsam und zufrieden. Die Hauptstadt ist 
Chur, an dem hier nun schon vereinigten Rheine, eine klei¬ 
ne schmutzige, schlechtgepflasterte und schlcchtgebautc Stadt; dabei 
sind die Straßen so ungleich, daß man bald bergan, bald bergab 
geht, und man mag in der Stadt gehen, wo man will, so sieht, 
man immer die hohen Berge vor sich, von denen einige den größten 
Theil des Jahres mit Schnee bedeckt sind; denn wenn es unten 
regnet, so pflegt es oben zu schneien. Dennoch sind diese Berge, 
wenigstens unterhalb, mit den herrlichsten Alpen bedeckt, auf de¬ 
nen das Vieh, Kühe und Ziegen, eine schöne Nahrung findet. 
Chur ist ungeachtet ihrer Kleinheit für den Durchgangshandel eine 
wichtige Stadl Denn hier geht eine der großen Straßen hin¬ 
durch , die von Deutschland nach Italien führt. Sie geht von 
hier den Hinterrhcin aufwärts, und erreicht da, wo dieser Fluß 
aufhört, ihre größte Höhe auf dem B crn h a rd i n - B er g, der 
vom Splügen gleich westlich liegt, und nun geht sie durch den 
Kanton Tessino nach Italien hinab. Seit Kurzem baut man 
auch über den Splügen eine kostbare Straße nach Italien. Da¬ 
her sicht man in Chur beständig Saumrosse ankommen und abge¬ 
hen. Auf jener Straße nach Italien kommt man von Chur zu¬ 
nächst nach 
Tusis, am Hinterrhein, ein gar freundliches, ganz zwi¬ 
schen hohen Bergen gelegenes Städtchen, um das herum sich die 
Kastanienbäume und Weinreben an den niedrigen Abhängen gar- 
lieblich ausnchmen. Gleich hinter der Stabt wird die Straße 
fürchterlich wild. Hier stürzt sich der Hinterrhein pfeilschnell durch 
eine furchtbare Fclscnschlucht, und der nur 6 — 8 Fuß breite Weg
	        
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