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IT. Das Kaiserthum Oestreich.
Das Kaiserthum Oestreich hat ein Gebiet von 11,385 Quadratmeilen
mit 35,950,000 Einw. Die außerdeutschen Besitzungen des Staates sind
bereits oben S. 36 betrachtet worden. Wir haben es also hier nur noch
mit dem ehemals zum deutschen Bunde gehörigen und meist von Deutschen
bewohnten Theile des Kaiserthums zu thun.
Das deutsche Oestreich ist in seiner Südhälfte entschieden Alpenland.
Der östliche Theil der Nordalpen und sämmtliche Ketten der Ostalpen
durchziehen sein Gebiet. Die Nordhälfte umfaßt das Donauthal, das
mährische Hügelland und den böhmischen Elbkessel. Der bei weitem größte
Theil des Landes gehört zum Gebiete der Donau; nur Böhmen gehört
dem Elbgebiete und ein Theil von Tirol dem Etschgebiete an. Da die
Bodenbeschaffenheit Oestreichs natürlich eine sehr verschiedene sein muß, so
betrachten wir sie besonders bei den einzelnen Landestheilen. Das ehemals
zum deutschen Bunde gehörige Oestreich umfaßt ein Gebiet von 3543 Quadrat-
meilen mit über 13 Mill. Einw., die sich größtentheils zur römisch-ka-
tholischen Kirche bekennen. Das Land wird eingetheilt in 1) das Erzberzogthum
Oestreich, 2) das Herzogthum Salzburg, 3) das Herzogthum Steiermark,
4) das Königreich Jllyrien, 5) die gefürstete Grafschaft Tyrol mit Vorarlberg,
6) das Königreich Böhmen, 7) die Markgrafschaft Mähren, 8) das Herzog-
thum Schlesien.
1. Das Erzherzogthum Oestreich.
Das Erzherzogthum Oestreich zerfällt in das Land oberhalb der Ens
und das Land unterhalb der Ens oder in Ober- und Nieder-Oestreich.
Es umfaßt das Donauthal, den nordöstlichen Vorsprung der Alpen, den
südlichen und südöstlichen Böhmerwald und den südlichen Abfall des mährischen
Berglandes und gehört ausschließlich dem Gebiete der Donau an, die es
seiner ganzen Länge nach durchströmt. Die Hälfte des Bodens ist Acker-
land, die andere Hälfte theils Wiese, theils Wald. Der fruchtbarste Boden
ist im Donauthale. Die Gewerbthätigkeit der Bewohner ist bedeutend.
578 Quadratmeilen mit 2,686,000 Einw.
a) Nieder-Oestreich: Wien, Haupt- und Residenzstadt des Kaiser-
reichs an dem rechten Ufer der Donau.
Die Stadt zerfällt in die innere Stadt und 36 Vorstädte. Im Innern
der Stadt steht die kaiserliche Hofburg, ein alter, einfacher, aber groß-
artiger Bau; zu ihr gehören das Hofbibliotheksgebäude und die Schatzkammer,
in der die Reichskleinodien des heiligen Römischen Reichs aufbewahrt werden.
Außerdem ftnden sich in der Burg noch viele werthvolle Sammlungen.
Auf dem Stephansplatze erhebt sich der herrliche Dom zu St. Stephan
mit einem der höchsten Thürme des Erdtheils (448'), von dem man eine
prächtige Aussicht über die Stadt genießt. Am Neumarkt steht Kirche und
Kloster der Kapuziner mit der Kaiserlichen Todtengruft. In der eigent»
lichen Stadt, bei der Burg auf dem Stephansplatze ist das Getöse wahrhaft