498
Die europäische Türkei.
reich staffirten Polster. Es ist ein vornehmer Diener des Serai;
ein schneeweißer, mit Perlen verzierter Turban hebt die dunkle
Farbe seines Gesichts; ein köstlicher Zobelpelz hängt um seine
Schultern, und ein von Edelgesteinen blitzender Dolch prangt in
seinem Gürtel. Zwölf Ruderer in scharlachenen Jacken beflügeln
den Lauf des Fahrzeuges; mit der Schnelligkeit des Windes durch¬
schneidet es die Ebene des Kanals. Zur Linken rudert mir ein
breites Boot voll BostandschiS *). Sie kommen vom Sommer¬
aufenthalte des Sultans, und haben vermuthlich einen Befehl in
die Stadt zu bringen; denn aus ihrer Mitte ragt ein stolzer Mu¬
selmann hervor mit einem schwarzen Barte. Ins Kreuz und in
die Quere schwärmt eine Menge Gondeln mit Türken, die einan¬
der theils höflich mit der Hand aufs Herz und einer geringen
Verbeugung begrüßen, theils stolz bei einander vorüberfahren, ohne
sich um etwas mehr zn bekümmern als um die langen Tabacks¬
pfeifen, aus denen sie den lieblichen Duft einsaugen. Endlich
fällt noch das Auge auf eine Gruppe türkischer Frauen, welche
mit ihren grünen Talaren und weißen Schleiern einen Kreis in
einer Gondel bilden, und in der Frühe des Tages eine Spatzier-
fahrr machen, um die duftige Kühle der Morgenstunden zu be¬
nutzen.^
„Indessen sind wir vor der Rhede von Conftantinopel an¬
gelangt, wir sind in Conftantinopel selbst. Da ist kein Plätz¬
chen , wo nicht ein Fahrzeug steht, kein Ort am Ufer, wo man
anlanden könnte. Das Gedränge an der Küste, das Getümmel,
das Getöse, alles steigt hier bis zum höchsten Gipfel. Wie da
alles wimmelt, wühlt, lebt, durcheinander webt an den Ufern
und auf den unabsehbaren Reihen von Schiffen und Barken!
Wie da alles in immerwährender Bewegung ist, wogt, rauscht,
rudert, segelt, ruft, schreit! Wie da mitten im Getümmel die
weißen und bunten Turbane hervorgucken zwischen den schwarzen
und grauen Hüten der europäischen Seeleute! Wie da in jedem
Augenblicke dutzendweise die Schiffe ankommen und forteilen. Hier
siehst du Schaaren von langsanr einherschreitenden Trägern, ge¬
krümmt unter dem Gewichte der Ballen, mit denen sie ein segel¬
fertiges Schiff befrachten. Weiterhin stimmen die Matrosen, zur
Abfahrt bereit, einen hellen Jubelgesang an, hängen oben an den
Spitzen der Masten oder an den Strickleitern, und bringen das
Takelwerk in Ordnung. Dort bahnen sich schwer beladene Ka-
meele und Pferde einen Weg mitten durch die Menge, um ihre
Lasten dicht am Kai niederzulegen, wo sie von den Schiffleuten
auf größere und kleinere Barken gebracht und versandt werden.
Hier ziehen schwarze Büffel Schleifen mit Holz von den Gestaden
*) Es sind Diener des Sultans, die seine Schlösser bewachen, seine
Gärten bebauen, und seine Tschaike rudern. Sie haben ihre eigene Tracht.