fullscreen: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

130 
Ein alter siebzigjähriger Feldherr hatte in diesem Kriege schon zwei 
Söhne verloren, und der dritte machte sich bei Alexander so verhaßt, 
daß er ihn als Teilnehmer einer Verschwörung hinrichten ließ. Aus 
Furcht aber, der alte Vater möchte darüber aufgebracht etwas gegen 
ihn unternehmen, ließ Alexander auch ihn durch heimlich abgesandte 
Meuchelmörder niederstoßen. — Einst bei einem Schmause, wo alle 
schon vom Wein erhitzt waren, erhoben Schmeichler die Thaten des 
Alexander über die glänzendsten Thaten der berühmtesten Helden der 
Vorzeit. Nur Klitus, der dem Könige in der Schlacht am Hellespont 
das Leben gerettet hatte, stimmte nicht ein, sondern setzte die Thaten 
Philipps, des Vaters von Alexander, über die Thaten des Sohnes. 
Der ruhmsüchtige Alexander ward zornig: aber um so heftiger verthei¬ 
digte der berauschte Klitus seinen Satz. Man brachte ihn weg, weil 
man den König vor Zorn glühend aufstehen sah. Doch Klitus kam 
aufs Neue in den Saal und wiederholte mit gleicher Heftigkeit seine 
vorige Rede. Da gerieth Alexander, selbst berauscht, in Wuth, riß 
einem Trabanten die Lanze aus der Hand und erstach den, der ihm 
das Leben gerettet hatte. Wie er zur Besinnung kam, erstarrte er fast 
vor Schrecken über seine That; er weinte aufs Heftigste, und drei Tage 
und drei Nächte lag er ohne Trank und Speise in seinem Zelte und 
rief unaufhörlich den Namen Klitus. Die Soldaten wurden unruhig, 
hier in dieser weiten Entfernung vom Vaterlande von ihrem Feldherrn 
verlassen zu werden; die Freunde trösteten ihn, und Schmeichler suchten 
ihn zu bereden: der Tod des Klitus sei vom Schicksal beschlossen ge¬ 
wesen, und er dürfe sich also nicht als schuldig anklagen, da er blos 
den Willen des Schicksals erfüllt habe. So kehrte er endlich zu seinem 
Heere wieder. Doch hatte auch diese bittere Reue, wie sie es zu sein 
schien, den übermüthigen Stolz nicht gebändigt, noch seine Heftigkeit 
gezähmt. Er wollte nach wie vor als ein Gott geehrt sein und ließ 
einen seiner macedonischen Feldherren, der dies verweigerte, hinrichten. 
Mit geheimem Unwillen folgten ihm daher die Soldaten auf seinem 
Zuge durch Persien nach Indien, zumal da ihr Weg oft durch dürre 
Sandwüsten, über schroffe Felsen ging, und die Belagerung mancher 
Stadt sie aufhielt. Doch sein Unternehmungsgeist beseelte sie nach und 
nach wieder, und sein Muth, seine unermüdliche Thätigkeit machte die 
Soldaten ihrer Beschwerden vergessen: sie folgten ihm bis jenseit des 
Indus, zu einem Flusse, Hophasis. Als er aber auch jetzt noch immer 
weiter wollte, da weigerten sich die Soldaten alle einmüthig; und obgleich 
er zürnte, obgleich er sich mehrere Tage einschloß: sie blieben unbeweglich, 
und Alexander mußte umkehren, im Jahre 326 vor Christo. ^ 
Hier am Flusse Indus fand Alexander eknige weise Fürsten und 
eine Gesellschaft von weisen Männern, die man Braminen nannte, und 
von denen uns manche kluge Antworten aufbewahrt sind. — Einer der 
dortigen Könige ward aufgefordert, sich zu ergeben. Er^ erschien mit 
edlem Anstande und sprach zu Alexander: Warum, o König, wollen 
wir einander mit Mordgewehren versuchen, wenn du nicht gekommen 
bist, uns Wasser und Korn zu nehmen? Um entbehrlicher Dinge 
willen soll kein verständiger Mensch Krieg führen und tödten. Worin 
ich mehr habe, von dem dir mitzutheilen bin ich gern bereit; und das, 
woran es mir fehlt, schäme ich mich nicht, von dir dankbar anzunehmen.-—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.