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übergab seinem Sohne Philipp, dem er bereits Mailand, Neapel und die
Niederlande abgetreten hatte, die Regierung Spaniens (1556). Sein
Bruder Ferdinand folgte ihm als deutscher Kaiser. Noch im Jahre 1556
zog er sich in das Kloster San Juste in Estremadura zurück, wo er 1558
lebensmüde starb. Seit Karls V. Abdankung teilte sich das Haus Habs-
bürg in zwei Linien: in die spanische, die im Jahre 1700 und in die
deutsche Linie, die im Jahre 1740 im Mannesstamm erlosch.
Deutsches Keben im Zeitalter der Reformation.
1. Die Renaissance in der deutschen Kunst. Mit dem Worte
Renaissance bezeichnet man die Kunstrichtung, die die Gotik verdrängte
und eine „Wiedergeburt" aller Künste durch die Kunst der Griechen und
Römer herbeiführte. Die Renaissance hat wie der Humanismus seine
Heimat in Italien; man faßt beide auch wohl in dem Begriff Renaissance
zusammen und versteht dann unter Renaissance die Wiederbelebung der
Antike auf dem literarischen Gebiete und dem der bildenden Kunst.
a) Die Bildnerkunst. Die Italiener hatten den gotischen Stil nur
äußerlich aufgenommen, und da die Antike bei ihnen nie ganz verdrängt
war, auch die prächtigen Denkmäler einer frühereu Zeit ihnen immer vor
Augen standen, gingen sie, namentlich auch von dem Dichter Petrarca dazu
angeregt, seit Beginn des 15. Jahrhunderts mit Bewußtsein zu den antiken
Formen zurück. Zunächst wurde Florenz der Mittelpunkt der Renaissance,
später aber machten die kunstsinnigen Päpste Julius II. und Leo X. Rom
zum Mittelpunkt der neuen künstlerischen Bestrebungen. Hier erstand der
gewaltigste und herrlichste Kirchenbau der Renaissance, die Peterskirche.
Bedeutende Künstler waren in Rom der Florentiner Michelangelo, als
Dichter, Baumeister, Bildhauer und Maler gleich ausgezeichnet, der Maler
Rasael Santi (die sixtinische Madonna), in Venedig der Maler Tizian
(der Zinsgroschen) und in Parma der Maler Correggio (die heilige
Nacht).
In Deutschland fand die Renaissance die günstigste Aufnahme zunächst
bei den Malern und Bildhauern. In Flandern wurden bahnbrechend
die Maler Hubert und Jan van Eyck, die nach Naturwahrheit strebten.
Hubert van Eyck ist der Erfinder der Ölmalerei. Ihr bedeutendster Nach-
folger war in Nürnberg der Maler Albrecht Dürer, dessen Holzschnitte
und Kupferstiche noch heute Bewunderung erregen. Neben voller Beherrschung
der Formen der italienischen Renaissance war ihm die getreue Nachahmung
der Natur die Hauptsache. Neben ihm verdient genannt zu werden der