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Alters, während der gewissenlose Knecht, des Dienstes
entlassen, endlich vor den Thüren sein Brot erbetteln muß.
Der fleißige und gewissenhafte Arbeiter wird als solcher
bald erkannt, gesucht unb mit reichlicherem Taglohn be¬
dacht, als der Nachlässige. Der geschickte Gewerbsmann
findet Absatz für seine Erzeugnisse, während die unsoliden
Produkte eines Pfuschers den Markt nicht behaupten können.
Der Kaufmann, welcher mit „gerechter Waare" umgeht,
bringt in der Regel sein Geschäft in Schwung; denn
Jedermann schenkt ihm Vertrauen.
Nicht anders ist es auch in der moralischen Welt.
„Unglück verfolget die Sünder, aber den Gerechten wird
Gutes vergolten!" — Und doch, höre ich sagen, bleiben
gar viele edle Thaten unerkannt; oft wird Gutes mit
Bösem belohnt, und mancher verruchte Bösewicht wandelt
ungestraft des Lasters Bahn! Mag dies auch also schei¬
nen: in Wirklichkeit verhält es sich anders. Oder trägt
denn nicht der Bösewicht schon das beschämende und stra¬
fende Bewußtsein in sich, wie der Gerechte das beseligende
Gefühl des Friedens? Ist denn, was menschlichen Äugen
verborgen ist, nicht klar und entdeckt vor dem Auge
Gottes? und wird er, der gerechte Richter, nicht einst einem
Jeglichen geben, darnach er verdient hat? Ja unser gan¬
zes Leben ist die Saat, der eine ewige Ernte folgen wird,
und wer hienieden noch zweifelte, in jenen: Leben wird er,
sein Urtheil vernehmend, sich selber zurufen: Wie die Ar¬
beit, so der Lohn!
2. Gott ist überall.
Kind, woher kommst du? Was hat dein Auge erblickt,
wohin ist dein Fuß gewandert?
Ich bin auf der Wiese hingewandert im fetten Grase,
das Vieh weidete um mich her, oder ruhete im kühlen
Schatten; das Korn keimte ans dem Felde, der Mohn
blühete zwischen dem Weizen, alles glühete und glänzte
in Pracht.
Und hast du weiter nichts gesehen, weiter nichts be¬
merkt? Kehre zurück, Kind, es sind größere Dinge da,
als diese, Gott war ja in den Feldern, und hast du ihn
denn nicht gesehen? Seine Schönheit war sichtbar auf der
Wiese, der Sonnenschein war sein Lächeln.